Als Folge der Digitalisierung verändert sich das Wettbewerbsumfeld für viele Unternehmen mit atemberaubender Geschwindigkeit. Um ihre Überlebensfähigkeit zu sichern, sind etliche gezwungen, ihre Strategie anzupassen, und zwar schnell. Eine neue, zukunftsfähige Strategie zu entwickeln, ist das eine. Sie mit der gebotenen Geschwindigkeit umzusetzen, ist das andere. Oft wird es sich als erfolgsentscheidend erweisen, das Projektportfolio danach zusammenzustellen, welche Projekte und Programme wirklich geeignet sind, die neue Strategie zu unterstützen. Denn das Projekt- und Portfoliomanagement hat in den Veränderungsprozessen eine essenzielle Rolle: Es muss die strategischen Ziele des Unternehmens sinnvoll operationalisieren. Vor diesem Hintergrund wundert es also nicht, dass die Idee eines Enterprise Project Management Office (EPMO) auch im deutschsprachigen Raum immer intensiver diskutiert wird. Für das Portfoliomanagement (PPM) ist es in Zukunft unerlässlich, regelmässig zu prüfen, zu welchem Grad Projekte und Programme tatsächlich der Operationalisierung der Unternehmensstrategie dienen oder ob sie einen Punkt erreicht haben, an dem sie das nicht mehr tun.
Bestandsaufnahme ernüchtert
Die regelmässig durchgeführte Multi-Project-Management(MPM)-Benchmarking-Studie der Forschungsgruppe Multiprojektmanagement bestätigt leider, dass es in Sachen Strategiekonformität von Projekten in deutschen Organisationen noch viel Luft nach oben gibt. Aktuell findet an der TU Darmstadt bereits die 8. MPM-Benchmarking-Studie statt. Die Ergebnisse der 7. MPM-Studie ergaben 2015 ein ernüchterndes Bild. Danach verteilen nur 23 Prozent der Befragten ihre Ressourcen tatsächlich strategiekonform, zugleich brechen aber auch nur 19 Prozent unnötige Projekte konsequent ab. Dennoch betrachten 45 Prozent der befragten Organisationen Portfoliomanagement als Erfolgsfaktor. Ergebnisse US-amerikanischer Untersuchungen weisen in dieselbe Richtung. Aus Sicht der Analysten von Gartner sind nach wie vor Projekte und Programme die entscheidenden und vorherrschenden Mittel, durch die Organisationen sich wandeln (Digitalization's Impact on PPM Practices and the PMO by 2030, aus dem Jahr 2017). Aber zugleich ergibt der Pulse of the Profession Survey 2018 des Project Management Institute (PMI), dass nur in 41 Prozent der untersuchten Fälle ein Enterprise-wide Project Management Office (EPMO) existiert, das eng an der Strategie der Organisation ausgerichtet ist.
Scheuklappen der Projektarbeit
In vielen Unternehmen beginnen die Probleme schon damit, dass die Mitarbeiter gar nicht wissen, warum sie gerade an
einem Projekt arbeiten. Viel zu oft ist es für die Projektarbeit noch typisch, dass sie in Silos stattfindet. Parallel dazu existiert meist auch kein wirklicher Überblick über all die Daten, die im Unternehmen verfügbar wären und im Grunde nur darauf warten, miteinander verknüpft und ausgewertet zu werden. In einem Unternehmen, das noch nicht datengetrieben ist und auch die Möglichkeiten von Data Analytics nicht nutzt, in dem also kein durchgängiger Data Backbone existiert, bleiben die Interdependenzen und Abhängigkeiten zwischen den Projekten und den Programmen unerkannt. Ohne solch einen durchgängigen Data Backbone und ohne eine konsequente Datenauswertung verlangsamen sich Entscheidungsprozesse, Projekte verzögern sich, neue Produkte kommen später auf den Markt und werden erst spät zu den erhofften Umsatzbringern. Zudem entstehen höhere Kosten, weil Ressourcen den falschen Aufgaben zugeordnet sind und weil darum die wirklich relevanten Projekte und Programme nicht über die Ressourcen verfügen, die sie benötigen.