Letztes Jahr hat die Weltbevölkerung ihr Ressourcenbudget nach sieben Monaten verbraucht: Der sogenannte «Earth Outshoot Day» war am 1. August. Dieser Indikator wird jährlich vom internationalen «Global Footprint Network» berechnet. Er gibt an, bis zu welchem Tag die Menschen auf der Welt sämtliche Ressourcen verbraucht haben, die das Ökosystem regenerieren kann. Noch vor zehn Jahren kam dieser Tag fast drei Monate später, nämlich am 26. Oktober.
In dieser Hinsicht ist die Schweiz kein Vorbild: Hierzulande waren die verfügbaren Ressourcen im 2018 bereits nach fünf Monaten verbraucht. Wenn die gesamte Menschheit so leben würde wie die Schweizer, bräuchten wir drei Planeten, um den Bedarf zu befriedigen. Die Menschheit lebt somit auf Pump. Die derzeitige Lebensweise ist langfristig nicht haltbar.
Klimainvestments nehmen zu
Das Bewusstsein dafür scheint weltweit, sowohl auf individueller als auch auf staatlicher Ebene, mittlerweile vorhanden zu sein: 174 Länder haben sich dazu verpflichtet, den Temperaturanstieg auf der Welt auf «weniger als zwei Grad über dem Niveau der Industrialisierung» zu begrenzen. 66 europäische Städte haben Massnahmen gegen den Klimawandel ergriffen. Die Finanzwelt, also die Anleger und die Vermögensverwalter, besitzen einen starken Einfluss auf die Veränderung. Wir nähern uns schnell dem Wendepunkt, ab dem verantwortungsbewusste Anlagen keine Nische mehr sein werden, sondern die Referenz.
Manche Vermögensbesitzer verlangen bereits Investitionsmöglichkeiten für ihre Guthaben, die das Überleben der Menschen auf der Erde ermöglichen. Daher ist es nicht weiter überraschend, dass sich die europäischen Anleger seit 2009 Strategien zuwenden, die in die Bereiche Energieeffizienz oder Lösungen für den Klimawandel fallen. Die Anlagen in solche Strategien haben sich von praktisch null auf 148 Milliarden Euro im Jahr 2017 gesteigert. Während die Staaten bei den zum Verhindern der Klimakatastrophe notwendigen Entscheidungen noch zögern, handeln die Anleger offensichtlich bereits.
Beispiel Transportsektor
Wie kann dies so wirksam wie möglich getan werden? Betrachten wir als konkretes Beispiel den Automobil- und Transportsektor, von dem so gut wie alle Anleger betroffen sein dürften. Die Frage bei diesem Sektor lautet, wie er sich am besten in das Portfolio integrieren lässt, wenn die Anforderungen an den Umweltschutz und an die Performance in Einklang gebracht werden sollen.
Hierfür ist eine ganzheitliche Analyse unerlässlich. Der Transportsektor befindet sich im Wandel: Elektrofahrzeuge sind bereits leistungsfähiger als benzingetriebene, und bald werden sie auch billiger sein. Ob ein spezifischer Hersteller von Elektrofahrzeugen wie Tesla überleben wird oder nicht, mag ungewiss sein. Es ist jedoch anzunehmen, dass in Zukunft auf unseren Strassen hauptsächlich Elektrofahrzeuge zirkulieren werden. Auf der einen Seite sind Elektromotoren fünfmal so energieeffizient wie Verbrennungsmotoren: Bei Elektromotoren werden bis zu 95 Prozent der Akkuleistung in Energie umgewandelt, während es bei Verbrennungsmotoren nur zwischen 17 und 21 Prozent sind. Auf der anderen Seite tragen Elektromotoren zur Verlangsamung des Klimawandels bei.
Es muss allerdings hinzugefügt werden, dass ein Grossteil der für den Antrieb benötigten Elektrizität noch aus Kohlenwasserstoffen stammen könnte. Dies hängt davon ab, wie schnell auf Wind- und Sonnenenergie umgestellt wird. Aber wenn Benzin- und Dieselfahrzeuge von den Elektrofahrzeugen von der Strasse oder sogar aus der Produktion verdrängt werden, wird nicht nur der Transportsektor umweltfreundlicher. Ein weiterer Effekt wäre, dass die Ölförder- und Vertriebsgesellschaften ihren zweitgrössten Kunden verlieren würden. Die Schätzungen des damit verbundenen Einnahmenverlusts schwanken. Bis zum Jahr 2040 könnte laut Bloomberg New Energy Finance die Nachfrage nach Rohöl durch die Verbreitung von Elektrofahrzeugen (30 Millionen Elektrofahrzeuge bis 2030) um 7,3 Millionen Barrel sinken.
Anlageaspekte
Unter Anlageaspekten bilden die Batterien einen wesentlichen Bestandteil der Elektrofahrzeuge. Daher ist es von Interesse, die Entwicklung der verarbeiteten Metalle zu verfolgen, insbesondere Lithium, Nickel, Mangan und Kobalt, nach denen die Nachfrage steigt. Weiterhin fliessen Kupfer, Platinmetalle sowie hochfester Stahl ein. Kupfer profitiert beispielsweise direkt von einer höheren Anzahl an Elektrofahrzeugen: Diese könnten die Nachfrage nach dem Metall ab 2025 tatsächlich um 6 Prozent in die Höhe treiben.
Bei den Platinmetallen (Platin, Palladium und Rhodium) sieht die Situation anders aus, da sie in Verbrennungsmotoren dafür verwendet werden, den CO2-Ausstoss zu senken. Weil diese aber nicht von heute auf morgen verschwinden werden, sind bei einer ganzheitlichen ESG-Betrachtung (Ecology, Social, Governance – Umwelt, soziale Aspekte, Governance) auch diese Metalle zu berücksichtigen. Bis zum Ende der 2030er-Jahre werden die meisten Neuwagen noch mit Verbrennungsmotoren ausgestattet sein. Daher wird der Automobilbau noch für weitere zwei Jahrzehnte hybrid sein.