In den heutigen dynamischen und volatilen Märkten gewinnt der Forecast als Steuerungsinstrument zur Planung strategischer Entscheidungen und operativer Prozesse an Bedeutung. Je höher die Vorhersagegenauigkeit und damit die Planungsqualität eines Unternehmens ist, desto wirtschaftlicher können die vorhandenen Ressourcen eingesetzt und Kundenbedarfe befriedigt werden. Wer seine Demand-Planning-Prozesse im Griff hat, schafft eine valide Datenbasis, an welcher sich alle Prozessbeteiligten ausrichten können, ohne dass «Trouble-Shooting» den Geschäftsalltag bestimmt.
Tipps zur Prognosegenauigkeit
Zur Erstellung von Absatzplänen mit einer hohen Prognosegüte müssen die richtigen statistischen Methoden angewandt, auf der richtigen Produktebene geplant, das gesamte Know-how der Vertriebsabteilung einbezogen und ein stringenter Planungsprozess aufgesetzt werden.
Den Forecast frei von politischen Spielchen halten
Das Ziel der Absatzplanung sollte sein, das operative Geschäft möglichst genau abzubilden und die Realität möglichst genau zu treffen, um allen Abteilungen eine valide Planungsgrundlage zu bieten. Unter dieser Prämisse ist es oberstes Gebot, Planzahlen zu generieren, die weder Sicherheitspuffer oder -abschläge noch politische Interessen beinhalten. So kann es einerseits vorkommen, dass Prognosewerte bewusst zu niedrig angesetzt werden, um bei einer Übererfüllung bonifiziert zu werden. Andererseits werden Prognosewerte auch bewusst zu hoch eingestellt, um die Organisation zur maximalen Warenverfügbarkeit zu bewegen oder um bei knappen Verfügbarkeiten eine überproportional hohe Zuteilung zu erhalten («Shortage Gaming»). Da eine kostenoptimale Produktion nur bei hohen Prognosegüten stattfinden kann, sollten jegliche politischen Interessen für die operative Absatzplanung eliminiert werden.
Leistungsstarke IT und Algorithmen nutzen
In vielen Fällen ist der Einbezug einer leistungsstarken Prognosesoftware mit statistischen Algorithmen in den Prozess der Prognoseerstellung sinnvoll. Unter dem Stichwort «Advanced Analytics» werden innovative mathematische Methoden angewandt, um eine statistische Prognose massgeschneidert für spezifische Produktsortimente zu ermitteln. Je nach Verlauf individueller Absatzkurven, zum Beispiel beeinflusst durch Basiswert, Trends, Saisonalität oder Zyklen, kommen hierbei andere statistische Methoden zum Einsatz. Eine Software optimiert die Prognosegenauigkeit, indem eine Vielzahl an Methoden für jeden einzelnen Artikel auf verschiedenen Planungsebenen getestet und diejenige Methode mit der höchsten Vorhersagegenauigkeit ausgewählt wird. Die Auswahl der Methode wird im System fortlaufend überprüft, sodass bei Veränderung von Rahmenbedingungen dem Planer eine andere statistische Methode vorgeschlagen wird.
Im Best-Practice-Exempel werden neben der Betrachtung von Absätzen aus der Vergangenheit noch relevante externe Einflussfaktoren wie zum Beispiel das Wetter in den statistischen Forecast integriert. Nicht immer ist eine Prognosesoftware zwingend erforderlich, jedoch macht es immer Sinn, die Prognosegüten der etablierten Absatzpläne gegen die Prognosegüten bei Anwendung einfacher statistischer Methoden zu überprüfen und somit die Qualität der eigenen Prognosen fortlaufend zu hinterfragen.
Intensiv mit den Algorithmen beschäftigen
Ist eine Prognosesoftware im Unternehmen einmal eingeführt, ist dies nicht der Abschluss des Projektes, sondern der Beginn. Die meisten statistischen Methoden können durch Kalibrierung von Parametern wie zum Beispiel Saisonalitäts- oder Trendvariablen optimiert werden. Darüber hinaus führen dynamische Absatzmärkte dazu, dass die Variablen sich bei einzelnen Sortimenten im Zeitablauf verändern. Eine einmalige Einstellung der Variablen ist somit nicht ausreichend. Aus diesem Grund sollte über den Aufbau von Ressourcen im Unternehmen nachgedacht werden, welche sich mit den Algorithmen intensiv beschäftigen und diese regelmässig überprüfen und adjustieren. Auch wenn keine Prognosesoftware Verwendung findet, können interne Experten, welche sich im Rahmen der bestehenden IT-Möglichkeiten (zum Beispiel MS Excel) mit einfachen statistischen Methoden zur Prognose von Absatzzahlen beschäftigen, einen Mehrwert bieten.
Das Know-how des Vertriebs nutzen
Über die reine Statistik hinaus verfügt der Vertrieb regelmässig über wertvolle Informationen hinsichtlich des zukünftigen Bestellverhaltens der Kunden, die eine Software nicht kennen kann, wie beispielsweise Promotions, Wettbewerberverhalten oder Neuprodukteinführungen. Keine Prognosesoftware kann eine gezielte Aktion des Kunden vorhersehen, wenn diese in der Vergangenheit nicht aufgetreten ist. Wird die Aktion jedoch im System gepflegt, sind moderne Verfahren durchaus in der Lage, die Auswirkungen auf den Absatz solide abzuschätzen.
Somit ist also das Zusammenspiel des statistischen Forecasts mit dem Know-how des Vertriebs entscheidend. Der statistische Forecast sollte einerseits vor Ermittlung der Planzahlen durch Vertriebs-Know-how «gefüttert» und andererseits nach Ermittlung der Planzahlen als reiner Vorschlag verstanden werden. Dieser statistische Vorschlag kann dann, wenn notwendig, vom Vertrieb angepasst und überschrieben werden. Die Verantwortlichkeit für die Werte des Forecasts bleibt somit beim Vertrieb und sollte nicht auf eine Maschine «abgewälzt» werden. Der Vergleich zwischen Statistik und final überarbeitetem Vertriebs-Forecast lässt Schlüsse zu, ob der Vertrieb zusätzliche Informationen sinnvoll eingebracht oder die Anpassung durch den Vertrieb sogar zu einer Verschlechterung der Prognose geführt hat.