Recht

Patentrecht

Patentierung – nicht ohne strategische Planung

KMU schrecken aufgrund des hohen Aufwands oft vor der Patentierung ihrer Erfindungen zurück. Trotzdem können Patente auch für bestimmte KMU sinnvoll sein. Wichtig ist ein überlegtes Vorgehen – und ein stetes Auge auf die Kosten.
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KMU haben oftmals ein zwiespältiges Verhältnis zu Patenten: Einerseits sehen sie darin ein probates Mittel, ihre Er­findungen vor der Konkurrenz zu schützen, andererseits schrecken die im Zusammenhang mit Patenten anfallenden Kosten besonders kleinere Unternehmen ab. Dies führt dazu, dass viele KMU auf die Patentierung ihrer Entwicklungen verzichten.

In der Tat ist eine Patentanmeldung ein langwieriges und teures Unterfangen. Bei einem Zeitaufwand von erfahrungsgemäss 10 bis 40 Stunden für die Ausarbeitung einer Patentanmeldung und dem hohen administrativen Aufwand für das Erfassen und Einreichen einer Patentanmeldung kommen schnell erhebliche Beträge zusammen. Weitere Kosten fallen dann bei dem für die Erteilung eines Patents notwendigen Prüfverfahren an.

Nichtsdestotrotz kann es auch für KMU sinnvoll sein, Patentschutz für Eigenentwicklungen anzustreben. Wichtig ist, dass man sich über die Möglichkeiten und Beschränkungen des Patentschutzes und die dort hinführenden Verfahren im Klaren ist. Die Firma muss wissen: Was kann ich patentieren, und welche Vorteile bringt mir ein Patent? Wie lange dauert es, bis meine Erfindung geschützt ist, und mit welchen Kosten muss ich rechnen?

Ein Patent verleiht seinem Inhaber ein zeitlich begrenztes, meist 20 Jahre anhaltendes Verbietungsrecht gegenüber Nachahmern zur wirtschaftlichen Verwertung der eigenen Entwicklung. Während dieser Zeit kann der Patentinhaber der Konkurrenz aber gegen Geld auch ein vertraglich definiertes Mitbenützungsrecht einräumen, das es dieser erlaubt, patentgeschützte Produkte und Verfahren kommerziell anzubieten. Als Ausnahmen vom Patentschutz gelten hingegen der nichtgewerbliche Gebrauch im privaten Bereich, die Benutzung zu Versuchszwecken und die Verwendung der Erfindung zu Forschungszwecken.

Wichtig zu wissen ist: Um die Durchsetzung des Patentschutzes muss sich der Inhaber selbst kümmern. Will er seine Patente wirksam schützen, muss er Konkurrenten bei Patentverletzungen vor Gericht ziehen, um auf Unterlassung zu klagen und Schadenersatz geltend zu machen.

Was kann patentiert werden?

Zunächst gilt es abzuklären, ob für die Erfindung Patentschutz beantragt werden kann. Eine technische Lehre ist im weitesten Sinn patentierbar, wenn sie folgende zwingenden Voraussetzungen erfüllt:

› Die Erfindung muss neu sein, darf also nicht aus dem aktuellen Stand der Technik identisch bekannt sein.

› Sie muss erfinderisch sein, d.h. der Fachmann darf mit seinem üblichen Fachwissen nicht ohne Weiteres auf die Erfindung stossen.

› Sie muss gewerblich anwendbar sein.

Sinn und Zweck eines Patents ist schliesslich nichts anderes als eine befristete Garantie für die alleinige kommerzielle Verwertbarkeit einer im weitesten Sinn technischen Idee.

Aus diesen Voraussetzungen ergibt sich, dass beispielsweise reine Entdeckungen, therapeutische oder chirurgische Verfahren am menschlichen Körper, natürlich vorkommende Materialien oder auch Verfahren zum Klonen von Lebewesen nicht patentiert werden können.

Vom Patentschutz auch ausgeschlossen ist die ästhetische Gestaltung von Gegenständen, also das Design. Dieses kann jedoch mittels den im Designgesetz definierten Vorschriften ebenfalls beim Patentamt registriert und somit geschützt werden.

Für die Einreichung einer Patentanmeldung ist es ratsam, einen Patentanwalt beizuziehen. Patentanwälte haben in der Regel eine technische oder chemische Ausbildung mit zusätzlich erworbenen Kenntnissen an der Schnittstelle zwischen Technik und Recht. Die Aufgabe des Patentanwalts besteht darin, auch komplexe technische oder chemische Erfindungen zu erfassen, diese zu Papier zu bringen, den Schutzbereich durch Patent­ansprüche abzustecken und die Prüfungsverfahren der Patentämter bis zur Erteilung des Patents zu begleiten.

Ob Neuentwicklung, Verbesserung oder Alternative zu Bestehendem – zunächst gilt es die eigene Idee zusammenfassend zu beschreiben. Dieser Erfindungsbeschrieb sollte eine Analyse der bekannten Technik mit ihren Problemen und Nachteilen beinhalten, um so die Patentfähigkeit der eigenen Idee und deren Unterschied zum Bestehenden darzulegen. «Je ausführlicher dieser Erfindungsbeschrieb ausfällt, desto leichter fällt es dem Patentanwalt zu erkennen, wo der Kern der Erfindung liegt und wie die Chancen einer Patenterteilung stehen», erklärt André Braun vom Patentanwaltsbüro Braunpat Braun Eder AG in Basel.

Vor der Anmeldung ist eine sorgfältige Recherche in den einschlägigen Datenbanken nach bereits bestehenden Erfindungen, die einer Patenterteilung hinderlich sein könnten, empfehlenswert. Aufgrund der grossen Mengen an Publikationen und den komplexen und bei jeder Datenbank unterschiedlichen Möglichkeiten der Abfragestrategien werden Laien dabei kaum alle relevanten Veröffentlichungen ausfindig machen können. An diesem Punkt ist deshalb die Unterstützung eines spezialisierten Rechercheurs praktisch unerlässlich. Sofern mittels der Recherche keine relevanten älteren Publikationen gefunden werden, kann nun zur Anmeldung geschritten werden. Ein Unternehmen, das einen Patentschutz anstrebt, sollte sich dabei verschiedene Angaben gut überlegen – so etwa, wer in der Anmeldung als Erfinder genannt werden soll. André Braun empfiehlt aus rechtlichen Gründen, dort lediglich den tatsächlichen Erfinder anzuführen und nicht zusätzliche, bei der Konkretisierung der Erfindungsidee hinzugezogene Mitarbeitende.

Nicht zuletzt stellt sich die Frage, wo ein Patent hinterlegt werden soll: Reicht ein Schweizer Patent aus, oder soll das Produkt international geschützt werden? Wie viele Länder sieht das Geschäftsmodell des Unternehmens als relevant vor? Je nach Anzahl lohnt sich eine Anmeldung bei den Patentämtern einzelner Länder oder aber eine europäische bzw. eine internationale Patentanmeldung. Auch hier gibt es Unterschiede, deren man sich klar sein sollte:

› Bei der europäischen Patentanmeldung führt das Europäische Patentamt ein einheitliches und einmaliges Erteilungsverfahren bis zum erteilten Patent durch. Der Anmelder muss sich erst bei der Patenterteilung entscheiden, ob er den Patentschutz für alle 37 dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) angeschlossenen Staaten beantragen will oder nur für einzelne Länder. Ein erteiltes europäisches Patent entspricht dabei praktisch einem «Bündel» nationaler Patente, die einer anschliessenden Validierung in den einzelnen Ländern bedürfen.

› Wer sich für eine internationale Patent­anmeldung gemäss dem Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT) entscheidet, dem derzeit über 147 Vertragsstaaten angehören, erhält Zugang zu einem einheitlichen Anmeldeverfahren inklusive Recherche und (auf Wunsch) angeschlossenem Prüfungsverfahren – allerdings ohne Erteilung eines Patents: Der Anmelder erhält lediglich während 30 Monaten provisorischen Schutz in sämtlichen Ländern, um dort dann ein nationales Patent zu erhalten.

Nach dem Einreichen der Patentanmeldung beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) läuft eine zwölfmonatige Prioritätsfrist, während der bestimmt werden muss, ob und wo im Ausland Anmeldungen eingereicht werden müssen. Nach insgesamt 18 Monaten wird die Anmeldung dann veröffentlicht. Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Anmelder die Anmeldung noch zurückziehen, ohne dass sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht würde.

Für Patentanwalt André Braun gibt es durchaus valable Gründe für einen Marschhalt an dieser Stelle: «Mit Veröffentlichung der Anmeldung wird der Konkurrenz die gesamte technische Entwicklung offengelegt.» Dies ist insbesondere dann nicht unproblematisch, wenn das Amt den Schutz voraussichtlich nicht im gewünschten Umfang gewährt. Möglicherweise stellt sich aber auch im Laufe der Gespräche mit dem Amt heraus, dass die Kosten für die Anmeldung aufgrund von Komplikationen das genehmigte Budget bei Weitem übersteigen. Oder es wird absehbar, dass ein gewährtes Patent später nur unter übermässigem finanziellem Aufwand durchzusetzen wäre.

Mit der Veröffentlichung der Anmeldung gilt eine Erfindung zwar als aktueller Stand der Technik, das Patent ist jedoch noch nicht erteilt. Der Anmelder erhält erst einen provisorischen Schutz für seine Idee zugesprochen. Bis zur Erteilung des Patents dauert es üblicherweise zwischen drei und sechs Jahre, in denen den Beanstandungen des Amtes Rechnung getragen werden muss: Beschreibungen müssen geändert, Patentansprüche eingeschränkt und manche Ideen fallen gelassen werden.

Insgesamt summieren sich die Kosten bis hierhin leicht auf einen mittleren fünfstelligen Betrag, falls die Anmeldung auch im Ausland angemeldet wurde. Erst ab Erteilung steht die Erfindung für eine Frist von zwanzig Jahren ab Anmeldedatum unter vollem Patentschutz.

Unternehmen, die eine Patentierung ins Auge fassen, rät André Braun zu einem strategischen Vorgehen. In die Strategie einfliessen sollten Überlegungen über das betreffende Produkt (z.B. Stückzahlen und Lebensdauer), die eigenen Produktionsstandorte sowie die der Konkurrenz und die anvisierten Märkte. «Kurzlebige Produkte und kleine Stückzahlen eignen sich aufgrund des Aufwands und der langen Dauer der Patenterteilungsverfahren eher weniger für eine Patentierung – falls nicht andere gute Gründe dafür sprechen», so die Einschätzung des Patentanwalts. Zudem müssten auch die wichtigsten Konkurrenten und deren voraussichtliche Handlungsweisen berücksichtigt werden, aber auch potenzielle Lizenznehmer.

Schliesslich gilt es, die Finanzierung zu prüfen und ein Budget für die Patentanmeldung aufzustellen. Strategie und Budget sollten regelmässig gemäss den neuesten Entwicklungen im Markt und im Patentierungsverfahren überprüft und immer wieder kritisch hinterfragt werden: Ist das Patent, so wie es voraussichtlich gewährt werden wird, den Aufwand noch wert? Ab welchem Punkt ist die finanzielle Belastung für das Unternehmen nicht mehr vertretbar? Ist diese Schwelle überschritten, sollte man den Mut haben, eine Anmeldung auch einmal fallen zu lassen oder den territorialen Schutz einzuschränken.

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