Kartellrechts-Compliance geht nicht mehr nur Grosskonzerne an. Dies belegen Aktivitäten der Wettbewerbskommission (WEKO):
- Bussen gegen Unternehmen wegen Vereinbarungen bezüglich Höhe und Zeitpunkt von Preiserhöhungen von Komponenten für Heiz-, Kühl- und Sanitäranlagen in der Schweiz (Entscheid vom 10. Mai 2010 i. S. Komponenten für Heiz-, Kühl- und Sanitäranlagen)
- Untersuchung gegen die zehn grössten Sanitärgrosshändler und dem übergeordneten Verband wegen potenziell kartellrechtswidriger Preis- und Gebietsabsprachen (Medienmitteilung der WEKO vom 23. November 2011)
- Busse gegen ein Unternehmen infolge Preisbindung zweiter Hand im Bereich von Bergsportartikeln (Entscheid vom 20. April 2012 i. S. Altimum SA)
- Untersuchung gegen Tunnelreinigungsfirmen wegen kartellrechtswidrigen Preisabsprachen (Medienmitteilung der WEKO vom 7. Februar 2012)
- ebenso mehrere Entscheide in der Baubranche
Compliance notwendig
Die Einhaltung des Kartellrechts ist also nicht nur etwas für die «Grossen», sondern betrifft die KMU ebenso. Einher geht damit das Bedürfnis von KMU, Compliance-Programme einzuführen, die auf sie zugeschnitten sind. Die Sensibilität bei KMU-Chefs, aktiv zu werden, hat sich erhöht. Der frühere Trugschluss, dass das Kartellgesetz nur ab einer gewissen Grösse (Umsatz, Mitarbeiterzahl oder Marktanteil) gilt, ist kaum mehr anzutreffen. Es wurde erkannt, dass ein funktionierendes Compliance-Programm Kartellrechtsverstösse verhindern kann.
Im Rahmen der derzeit im Parlament hängigen Kartellrechtsrevision ist sogar vorgesehen, dass sich ein Compliance-Programm neu sanktionsmindernd auswirken können soll: Neu sollen «Vorkehrungen zur Verhinderung von Verstössen gegen das Kartellgesetz, die das Unternehmen getroffen hat und die seiner Grösse, Geschäftstätigkeit und der Branche angemessen sind», sanktionsmindernd berücksichtigt werden, wenn sie vom Unternehmen nachgewiesen werden. Das bedeutet, dass jedes Unternehmen gut daran tut, ein Compliance-Programm einzuführen und zu dokumentieren. Denn das Zuwiderhandeln eines Mitarbeiters gegen das Kartellgesetz beeinflusst nicht nur dessen berufliches Fortkommen mit Sicherheit negativ, sondern bringt auch das Unternehmen finanziell in Gefahr.
Bussen können in der Schweiz bis zu zehn Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes betragen. Zudem sind rechtswidrige Vereinbarungen nichtig, können von den Parteien nicht durchgesetzt werden und lösen potenziell Schadenersatzklagen aus. Reputationsschäden und der damit einhergehende Vertrauensverlust bei Kunden und weiteren Stakeholdern kommen noch hinzu und sind von der Schwere und Dauer kaum abschätzbar. Warren Buffet sagte nicht zu Unrecht: «It takes twenty years to build a reputation and five minutes to ruin it. If you think about it, you’ll do things differently.» Als Unternehmensleiter den Fokus nicht auch auf Kartellrechts-Compliance zu richten, ist angesichts des heutigen Umfelds ein sträflicher Fehler.