Herausforderung Wertewandel
Die Annahme macht sich breit, dass Funktionen mit hohen Anforderungen an soziale Intelligenz und inhaltliche Gestaltung von Arbeiten oder kreativen Ansprüchen weniger gefährdet sind als Funktionen mit Routinetätigkeiten, die immer nach den gleichen Schemata abgewickelt werden. Da werden sicher Algorithmen die Arbeitskräfte ersetzen. Wahrscheinlich fallen Tätigkeiten weg, die für die Abwicklung nur wenig Zeit an Überlegung brauchen, also nur wenige Sekunden Denkarbeit benötigen.
Sicher scheint auch zu sein, dass nicht alles digitalisiert wird, was theoretisch möglich ist. Bei der Implementation von Informatik sind diese Phänomene schon lange bekannt. Der Wertewandel in der Wohlstandsgesellschaft zeigt, dass immer mehr Teilzeitarbeit nachgefragt wird. Der heutige Stand geht in der Schweiz davon aus, dass bereits 35 Prozent der Tätigkeiten im Markt mit Teilzeitarbeiten erledigt werden. Auch Männer werden mehr auf Teilzeitengagements ausgehen, aktuell sind es 15 Prozent. Bei Frauen ist der Anteil der Teilzeit-Erwerbstätigen heute schon bei 60 Prozent, was auch zu grösseren Lohnunterschieden zwischen den Geschlechtern führt.
Die bessere Ausbildung der Frauen wird dazu beitragen, dass auch hoch qualifizierte Arbeit in Teilzeitpensen erledigt wird. Beispielsweise wollen Ärztinnen häufig 50 Prozent arbeiten, was die Kosten von rund einer Million Franken für die Ausbildung verdoppeln wird. Lehrpersonen sind deutlich weniger bereit, 100 Prozent zu arbeiten. Die Frustrationen und Anforderungen, ausgelöst durch hohe Administration, aber auch von Eltern mit verhaltensauffälligen Kindern, sind wahrscheinlich der Hintergrund. Im Kanton Zürich gibt es in der Grundstufe bereits 20 Prozent dieser Kinder.
Fachkräftemangel
Arbeitsverhältnisse in Gesamtarbeitsverträgen erhalten eine andere Bedeutung. Mehrfachjobs nehmen zu, aktuell kann man rund 350 000 Personen dazu zählen; 7,6 Prozent der arbeitenden Bevölkerung. Der Lohnschutz oder die Versicherungsfragen stehen vor neuen Herausforderungen. Aktuell gibt es in der Schweiz 200 000 offene Stellen, bei einer Arbeitslosigkeit von rund zwei Prozent, was etwas mehr als 100 000 Stellen bedeutet. Die offenen Stellen können aber nicht genügend mit Arbeitslosen besetzt werden, da die vorhandenen Kompetenzen nur teilweise den Anforderungen entsprechen. So gibt es bei Informatikern relativ viele Arbeitslose, obwohl diese Berufsgruppe viele offene Stellen ausweist.
Die Wirtschaft ist nach wie vor auf Fachkräfte auch aus dem Ausland angewiesen und der «Inländer-light-Ansatz» löst die Probleme nicht im gewünschten Ausmass. Die Erwerbslosigkeit ist nach wie vor bei circa fünf Prozent. Rund 100 000 ausgesteuerte Personen zählen dazu, und die Schwierigkeit für die Generation «über 50», entsprechende Arbeit zu finden, ist virulent.
Alles in allem ist deutlich, dass die Anforderungen an die Beweglichkeit bezüglich Arbeitsort, Arbeitszeiten und Lernbereitschaft zunehmen werden. Auch die kritische Haltung und die Selbstständigkeit gehören zu den grössten Anforderungen in der digitalisierten Welt.
Problem Burnout
Mit zunehmendem Stress am Arbeitsplatz entstehen auch psychische Erkrankungen. Nebst dem ständigen Wandel in den Unternehmungen sind es auch starke Fremdsteuerungen bei der individuellen Arbeit, die Belastungen auslösen, zu Stress-Symptomen und Erschöpfungszuständen führen. Die Mitarbeitenden sind in ihren charakterlichen Ausprägungen sehr verschieden.
Sicher ist, dass die ausschliessliche Leistungsorientierung, in Verbindung mit Messdaten zu körperlichen Reaktionen, der persönlichen Zufriedenheit gegenüber steht. Kann eine Person nicht mehr mit den eigenen Ansprüchen zufrieden sein, ist die Leistungsorientierung so stark im Zentrum, dass für alle Situationen im persönlichen und beruflichen Leben Zufriedenheit ausgeschlossen werden muss.
Bei diesen starken Ausprägungen, welche die Betonungen eines komplementären Gegenpols ausschliessen, entstehen Angststörungen, die zu Burnouts führen. In der Urzeit haben die Menschen Stress, beispielsweise Bedrohung durch ein wildes Tier, unmittelbar abbauen können, sei es durch Flucht oder Angriff. Die biologisch ablaufenden Prozesse sind immer noch die gleichen, der Unterschied besteht darin, dass in der Moderne der Stress mit den hormonellen Ausschüttungen nicht mehr adäquat abgeführt wird.
Vorgesetzte oder Kollegen im Arbeitsteam werden häufig als Stressoren wahrgenommen. Diese Ausgangssituationen müssen bei einer firmeninternen Präventionsarbeit berücksichtigt werden. Das persönliche Zeitverhalten oder -Management ist sehr verschieden ausgeprägt. Ausschliesslich technische Mittel wie Terminplaner, E-Mail-Ordner et cetera lösen das Problem des Zeit-Stresses nicht. Es gibt zu viel operative Hektik mit geistiger Windstille. Es ist zu wenig ins Bewusstsein eingedrungen, dass die Zeit nicht reproduzierbar ist und dass jeder Tag der erste Tag des Rests des eigenen Lebens darstellt.
Bei der medizinischen Behandlung von Burnouts werden zu häufig Antidepressiva, Schmerz- und Schlafmittel abgegeben, die heute die grösste Verbreitung haben. Nachhaltige Nebenwirkungen und körperliche Langzeitschäden werden zu wenig berücksichtigt und erst spürbar, wenn eine Person vom Konsum ausschleichen will, dabei aber wieder häufig auf lindernde Medikamente zurückgreift.