Marketing & Vertrieb

Kundenorientierung

Mit differenzierten Wertversprechen erfolgreich Neukunden gewinnen

Erfolgreiche Unternehmen erfüllen die Kundenbedürfnisse mit differenzierten Wertversprechen. Der Differenzierungsbezugsrahmen unterstützt Führungskräfte dabei, einzigartige Wertversprechen für Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. So können Neukunden gewonnen werden, die sich sonst für Konkurrenzlösungen entscheiden würden.
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Das wirtschaftliche Umfeld verändert sich schneller als je zuvor. Es entstehen neue Technologien, Geschäftsmodelle und mitunter innovative Ökosysteme. Darüber hinaus sinken die Erträge, die Margen schrumpfen und die Wirtschaftlichkeit ist nicht länger gegeben. Zudem scheint es schwer, neue Kunden zu gewinnen. 

Schlüsselmerkmale

Die klassische Strategieansätze, wie die SWOT-­Analyse (Stärken, Schwächen, Chancen, Bedrohungen) oder das Fünf-Kräfte-Modell von Porter, erfassen nicht mehr die gesamte Komplexität. Unternehmen scheitern, weil sie sich in erster Linie auf ihre Fähigkeiten und Ressourcen konzentrieren und nicht explizit auf Kundenbedürfnisse eingehen. Erfolgreiche Unternehmen verstehen ihre Kunden, lösen deren Probleme und erfüllen deren Bedürfnisse (Christensen et al., 2016). Sie richten ihre Wertversprechen an den Kundenanforderungen aus. Dabei  weisen sie folgende Schlüsselmerkmale auf:

  • Erwünscht: Kunden interessieren sich für die Produkte und Dienstleistungen der Unternehmen.
  • Glaubhaft: Die Unternehmen halten ihre gegenüber den Kunden gemachten Versprechen ein.
  • Profitabel: Kunden sind dazu bereit, Preise zu zahlen, die es den Unternehmen ermöglichen, profitabel zu sein.

Unternehmen, welche lediglich diese drei Merkmale aufweisen sind oftmals nicht nachhaltig erfolgreich. Gerade in reifen Märkten trägt das zusätzliche Schlüsselmerkmal der Differenzierung wesentlich zum Erfolg bei. 

Problemstellungen

Der Erfolg eines Unternehmens hängt davon ab, wie es sich nachhaltig von den Wettbewerbern abhebt. An die Kunden abgegebene Wertversprechen spielen dabei eine zentrale Rolle. Erfolgreiche Unternehmen sind in der Lage, zwei Schlüsselfragen zu beantworten:

  • Welche Probleme möchten die Kunden lösen?
  • Wie entscheiden Kunden, welche der verfügbaren Produkte und Dienst­leistungen ihre Probleme am besten lösen?

Es ist wichtig, bei der Beantwortung dieser Fragen den Standpunkt der Kunden einzunehmen. Unternehmen müssen lernen, Kundenprobleme zu erkennen und besser zu verstehen. Ausserdem sollten sie nachvollziehen können, welche Eigenschaften Kunden wertschätzen und wie diese die Kaufentscheidungen beeinflussen.

Der Differenzierungsbezugsrahmen (Diderich, 2019) ist ein pragmatisches Werkzeug für Führungskräfte. Er unterstützt die Entwicklung von differenzierenden Angeboten, welche nachgefragt werden, realisierbar sind und ein profitables Geschäft ermöglichen.

Kundenprobleme verstehen

Am Anfang des Unternehmenserfol­ges steht das Verständnis der Kundenpro-bleme, der sogenannten «jobs-to-­be-done». Die Basis dafür bilden unterschiedliche Kundensegmente, welche Kunden nach problemnahen Eigenschaften gruppieren. 

Als Kundensegmente können folgende Beispiele definiert werden: Eine Kaffeebar für ältere Menschen, die Zeit totschlagen möchten, oder Angestellte auf dem Weg zur Arbeit, die zum Auf­wachen eine Dosis Koffein benötigen. 

Jedes Kundensegment wird im Diffe­renzierungsbezugsrahmen mittels einer sepa­raten Lasche dargestellt.

Für jedes erkannte Kundensegment werden die zu lösenden Probleme beschrieben. Am besten ist es, die Kunden passiv dabei zu beobachten, wie sie versuchen, die vorliegenden Probleme anzugehen. Der Schwerpunkt liegt darauf, ein besseres Verständnis zu erlangen. Ein Kunde interessiert sich zum Beispiel für eine Bohrmaschine (das Produkt), weil er ein Gemälde aufhängen möchte (das Problem) und nicht, um ein Loch in seine Wand zu bohren. Gemäss einer Studie von Christensen et al. (siehe Box «Literaturhinweise») kaufen Kunden am frühen Morgen einen Milchshake zum Mitnehmen (das Produkt), nicht weil sie etwa durstig sind oder Milchshakes besonders mögen, sondern weil sie eine Beschäftigung für den langen Weg zur Arbeit suchen (das Problem).

Sobald ein Verständnis für die Kundenprobleme vorliegt, werden rationale sowie emotionale Bedürfnisse identifiziert, welche den Kaufprozess des Kunden beeinflussen. Ein Kunde, der auf dem Weg zur Arbeit einen Milchshake kauft, bevorzugt beispielsweise einen Becher, mit dem ein Verschütten während des Transports vermieden werden kann (rationales Bedürfnis). Des Weiteren konzen­trieren sich zum Beispiel Kunden im Teenageralter beim Kauf neuer Laufschuhe auf die Markenbekanntheit (emo­tionales Bedürfnis). 

Preis und Verfügbarkeit sind zwei weitere mögliche entscheidungsrelevante Bedürfnisse. Die Abbildung (grüne Lasche) illustriert das Kundensegment junge Mütter mit Kindern und ihrem Problem, Kontakte zu knüpfen.

Mehrwerte aufzeigen 

Im zweiten Schritt werden Produkte und Dienstleistungen entwickelt, mit denen die erkannten Kundenprobleme gelöst werden können. Gleichzeitig werden differenzierende Wertversprechen konzipiert, welche den Kunden den Mehrwert der Angebote, gegenüber denen der Konkurrenz, aufzeigen. Die rationalen und emotionalen Merkmale der Wertversprechen werden, wie in der Abbildung gezeigt (rote Laschen), in drei Kategorien eingeteilt: 1) einzigartig, 2) überlegen, und 3) gleichgültig.

Hierbei ermöglichen die einzigartigen und überlegenen Merkmale der Wertversprechen eine Differenzierung gegenüber der Konkurrenz. Die gleichgültigen Merkmale stellen sicher, dass die Kundenprobleme erfolgreich gelöst werden können, ohne sich jedoch dabei von der Konkurrenz positiv abzuheben. Gleichgültige Merkmale werden als Hygienefaktoren bezeichnet.

Erfolgreiche Angebote weisen in der Regel eine geringe Anzahl von einzigar­tigen und/oder überlegenen rationalen und emotionalen Merkmalen auf, welche von den Wettbewerbern nur schwer nachzuahmen sind. Die Mehrheit der Merkmale befindet sich in der Kategorie «gleichgültig». Sie sind für die Lösung der Kundenprobleme notwendig, tragen jedoch nichts Wesentliches zum Kaufentscheid bei. Verschiedene Unternehmen stufen je nach anvisiertem Kundensegment auch unterschiedliche Merkmale als einzigartig, überdurchschnittlich oder gleichgültig ein. 

Beispielsweise ist für einige Uhrenmanufakturen die Batterielebensdauer einer Uhr ein rationales Merkmal von Überlegenheit, während sie für andere wiederum ein gleichgültiges Merkmal darstellt. Ob die Einzigartigkeit oder Überlegenheit eines Merkmals wichtig ist, hängt primär von der Kundenwahrnehmung ab. 

Einige Kunden legen zum Beispiel gros­sen Wert auf ein einzigartiges Design, während andere wiederum das Design als Hygienefaktor in ihrem Kauf­prozess betrachten. Merkmale, welche für die Pro­blemlösung notwendig sind, jedoch vom Kunden als unwesentlich eingeschätzt werden, können sogar denen der Wett­bewerber unterlegen sein.

Erfolgreiche Unternehmen maximieren den von ihren Zielkunden wahrgenommenen Wert, indem sie die differenzierenden Merkmale ihrer Produkte und Dienstleistungen in den Mittelpunkt stellen. Unterschiedliche Kundensegmente erfordern eine Differenzierung mittels unterschiedlicher Merkmale. Ein erfolgreiches Einheitsangebot, welches auf alle Kunden ausgerichtet ist, existiert demnach nicht.

Neukunden gewinnen

Das erfolgreiche Gewinnen von Neukunden bedingt Produkte und Dienstleis­tungen, mit denen Kundenprobleme gelöst werden und die sich von denen der Wettbewerber positiv abheben. Mit den Angeboten müssen die Kundenpro­ble­me auf zufriedenstellende Art und Weise gelöst werden. Zusätzlich muss es einem Unternehmen gelingen, potenzielle Kunden davon zu überzeugen, dass ihre Angebote in wichtigen Merkmalen einzigartig und/oder überlegen sind. 

Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, Zusammenhänge zwischen den Wertversprechen und Kundenbedürfnissen zu verstehen und auszunutzen.

Mittels des Differenzierungsbezugsrahmens können für ausgewählte Kundensegmente Wettbewerber identifiziert und deren Angebote und Wertversprechen erfasst und analysiert werden. Diverse Wettbewerber unterscheiden sich aufgrund der verschiedenen Merkmale in ihren Wertversprechen. Wenn Verständnis dafür herrscht, wie Wettbewerber ihre Kunden anziehen und von ihren Angeboten überzeugen, kann ein Unternehmen seine Angebote so gestalten, dass sie von deren Kunden bevorzugt werden. Neukunden können von Angeboten nur überzeugt werden, wenn die Angebotsmerkmale für sie relevant und einzigartig oder besser als die der Konkurrenz sind. Der Fokus liegt auf der Identifizierung von einzigartigen oder überlegenen Merkmalen, welchen von den Kunden ein hoher Mehrwert zugeordnet wird und die eine wesentliche Rolle bei der Entscheidungsfindung spielen.

Fazit

Im Wesentlichen müssen die Kundenprobleme aus deren Sicht verstanden werden, um im Wettbewerb bestehen zu können. Die Produkte und Dienstleistungen müssen sich in den Bereichen, welche von den Zielkunden geschätzt werden, von denen der Wettbewerber abheben. Der Versuch, einheitliche Angebote zu entwickeln, welche von allen Kunden nachgefragt werden, scheitert zwangsweise. 

Der präsentierte Differenzierungsbezugsrahmen dient Unternehmen bei der Entwicklung von Angeboten, welche am besten zu ihrer Strategie passen und ihnen erlauben, sich mittels Differenzierung von der Konkurrenz abzuheben. Dies vereinfacht die komplexen strategischen Herausforderungen, welchen sich die KMU stellen müssen, und macht sie für Führungskräfte greifbar.

Porträt