Marketing & Vertrieb

Zero Moment of Truth

Die neue Grösse im B2B Online Marketing

Das Internet, Smartphones, Tablets und Social Media haben das Kaufverhalten verändert. Der Zero Moment of Truth als der Moment der Webrecherche ist zum neuen, ersten Schritt in der Customer Journey geworden – mit Konsequenzen für das Inbound Marketing.
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Technologie hat unser Leben schon immer grundlegend verändert. Die industrielle Revolution war da ein gutes Beispiel. Aber Smartphones und Tablets haben uns verändert, in der Art, wie wir Informationen beschaffen und wie wir Dinge kaufen. Unser Smartphone und dahinter das Internet dienen als Hauptin-formationsquelle. Heute suchen wir alle «mobile» nach Lösungen. Wir «googeln», «youtuben» oder «facebooken».

Nutzungsverhalten

Das moderne Leben der Konsumenten sieht in etwa so aus: 36 Prozent der User nutzen ihr Smartphone oder Tablet, während sie fernsehen. So schauen zum Beispiel 16 Prozent «Tatort» und sind gleichzeitig auf Facebook oder Twitter aktiv. Vor allem Social Media spielt hier eine grosse Rolle. So waren im Jahr 2015 weltweit 2,04 Milliarden Menschen in sozialen Netzwerken unterwegs. Für 2018 werden schon 2,5 Milliarden vorhergesagt. Das wäre ein Drittel der gesamten Weltbevölkerung.

Interessant ist auch, dass wir im Durchschnitt sechs Stunden am Tag online sind und davon zwei Stunden in sozialen Netzwerken verbringen. Das Internet, Smartphones und Tablets haben verändert, wie wir Menschen miteinander interagieren und kommunizieren.

Statistiken zum Wandel

Das wirkt sich natürlich auch auf das Verhalten der Kundschaft aus. Die einschlägigen Statistiken dazu malen ein sehr klares Bild:

  • 70 bis 90 Prozent der Customer Journey ist bereits gelaufen, bevor der Anbieter kontaktiert wird.
  • 67 Prozent der Customer Journey wird heute online durchgeführt.
  • 46 Prozent der Kunden bevorzugen es, eine Liste von Anbietern zu erstellen, noch bevor sie Kontakt mit ihnen aufnehmen.
  • 77 Prozent der B2B-Kunden möchten nicht mit dem Vertrieb sprechen, solange sie selbst keine Recherche betrieben haben.
  • 5,4 Mitarbeitende werden im Durchschnitt bei einer B2B-Entscheidung involviert.
  • 75 Prozent der B2B-Kunden benutzen Social Media, um Recherche nach Anbietern zu betreiben.

Stimulus und Moments of Truth

Das alles gilt sowohl für die niedrigpreisigen Produkte und Dienstleistungen wie auch für die höherpreisigen Lösungen. Alles fängt jetzt mit einem Stimulus an. Zuerst werden die potenziellen Kunden für ein Produkt oder eine Dienstleistung angespornt. Sie werden also stimuliert und auf die Idee gebracht, eine bestimmte Lösung zu kaufen. Das geschieht in der Regel durch Outbound Marketing. Aber der Stimulus kann zum Beispiel auch durch eine Empfehlung erzeugt werden. Ein ganz konkretes Beispiel dazu: Während ich South Park schaue, sehe ich eine Werbung für einen elektrischen Rasierer. Ich wurde positiv stimuliert und möchte mir jetzt einen neuen Rasierer kaufen.

First Moment of Truth
Nachdem ein Kunde positiv stimuliert wurde, steht er mittlerweile vor dem physischen oder digitalen Regal, um das Produkt näher anzuschauen. Diesen Schritt nennt man First Moment of Truth. Jan Carlzon, neuer CEO einer strauchelnden skandinavischen Airline, hat 1981 erstmals das Konzept des «Moments of Truth» auf den Kopf gestellt. Dieses hatte den Fokus, sich auf die emotionalen Bedürfnisse der Kunden zu fokussieren, um positive Reaktionen zu wecken. Im Jahr 2005 hat Procter & Gamble und deren CEO, A.G. Lafley, den First Moment of Truth definiert und für ihre Markteinführung eingesetzt. Das Unternehmen hat herausgefunden, dass wenn der Kunde vor dem Regal steht (oder heute eher vor der Webseite sitzt), er sich innerhalb von nur drei bis sieben Sekunden für eine Lösung entscheidet. Von diesem Moment war demnach viel abhängig. Wenn wir zum genannten Beispiel zurückkommen: Ich stehe mittlerweile im Elektromarkt vor dem Regal, entscheide mich für einen Rasierer und kaufe ihn.

Second Moment of Truth
Der zweite Moment der Wahrheit beschreibt die Situation, nachdem der Kunde das Produkt gekauft oder die Dienstleistung gebucht hat. Er benutzt diese Lösung zum ersten Mal. Das ist der zweite wichtige und alles entscheidende Schritt. Er entscheidet zuerst darüber, ob das Versprechen der Marke überhaupt eingehalten wurde. Der Second Moment of Truth hilft auch, langfristig eine Beziehung zur Marke aufzubauen, das Produkt wieder zu kaufen und vor allem an die eigenen Freunde weiterzuempfehlen. In unserem Beispiel benutze ich den Rasierer und bin begeistert. Ich habe schon viele schlechte Produkte durch, aber dieser ist anders.

Third Moment of Truth
Der dritte Moment der Wahrheit ist nicht weit verbreitet, ist aber sehr wichtig. Vor allem im Hinblick auf Inbound Marketing. Wie beim Second Moment of Truth angedeutet, beschreibt dieser Schritt die Situation, nachdem der Kunde die Lösung in Anspruch genommen hat. Dieser sollte jetzt so begeistert sein, dass er Fan und Botschafter der Marke wird. Damit das funktioniert, muss das Unternehmen dafür sorgen, dass der Kunde zum Beispiel öfter seine Website besucht, ihm auf Social Media folgt und mit ihm interagiert. Das Unternehmen muss den Austausch und die Community fördern. Wie? Inbound Marketing hat hier ziemlich gute Ansätze. Aber einen Moment, kommen wir nun zum Kern des Artikels.

Zero Moment of Truth
Am Anfang wurde bereits erwähnt, dass sich das Kaufverhalten verändert hat. Das Internet, Smartphones, Tablets und Social Media haben viel dazu beigetragen. Aber mit dem digitalen Wandel hat sich ein vierter Moment herausgebildet, der einen signifikanten Einfluss auf das Kaufverhalten hat. Das hat Google in einer Studie herausgefunden. Die Erkenntnisse daraus hat Jim Lecinski, der für Google U. S. Sales & Service zuständig ist, in einem kostenlosen E-Book mit dem Namen «Winning the Zero Moments of Truth» zusammengetragen.

Erkenntnisse

Ein wichtiges Ergebnis war, dass Kunden im Jahr 2015 durchschnittlich 5,3 Quellen für die Kaufentscheidung hinzugezogen haben. Innerhalb eines Jahres hat sich diese Zahl auf 10,4 verdoppelt. Diese Quellen können jetzt Fernsehwerbung, Artikel in Magazinen, Empfehlungen von Freunden, Webseiten, Blogs und auch
Ratings sein. Kurz gesagt: Der Zero Moment of Truth ist der Moment der Webrecherche. Es ist der erste Schritt in der Customer Journey, wenn der Kunde Recherche nach einer Lösung betreibt. Oft noch bevor er weiss, dass die Anbieter überhaupt existieren.

Bei dem genannten Beispiel wäre das so, dass ich nach dem Stimulus nicht direkt zum Regal gelaufen bin, sondern ausgiebig Recherche betrieben hätte. Ich hätte mir Blogartikel angeschaut, verschiedene Rasierer verglichen und mir Ratings sowie Kommentare angeschaut. Genau so läuft das heute. Was hat das jetzt mit Inbound Marketing zu tun?

Inbound Marketing

Das Marketing hat immer zum Ziel, den Kunden in einem Moment zu erreichen, in dem das Unternehmen die Kaufentscheidung positiv beeinflussen kann. Dieser Moment ist heute nicht mehr der First Moment of Truth, sondern der Zero Moment of Truth. Inbound heisst demnach, den Kunden zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen Ort abholen. Das Inbound Marketing fokussiert sich auf das Erstellen von hochwertigen Inhalten, welche die Wörter der Zielgruppe benutzen, die am meisten Sinn machen. Ein gutes Inbound Marketing beantwortet daher die wichtigen Fragen vorab und bietet konkrete und hilfreiche Lösungen. Egal, ob im B2C- oder B2B-Bereich. Diese mehrwertigen Inhalte sind dann zu optimieren, so dass diese mit einer Suchmaschine gefunden werden und sich viral in den sozialen Netzwerken verbreiten.

Fazit

Die Customer Journey hat sich grundlegend verändert. Der Zero Moment of Truth ist ein neuer und wichtiger Bestandteil geworden, der den heutigen Verkaufsprozess ausmacht. Die Unternehmen müssen jeden Moment der Wahrheit verstehen und sich mit ihrem Publikum via Social Media austauschen. Erst so bauen sie eine Beziehung zu ihren potenziellen Kunden auf und festigen dadurch das Verhältnis zu ihren Bestandskunden. Heute wollen die Kunden erst kaufen, wenn sie dazu bereit sind. Deshalb dürfen die Unternehmen nicht wie ein Marktschreier nerven, sondern müssen sich darauf fokussieren, gefunden zu werden. Wenn sie ihren Zero Moment of Truth ignorieren, werden sie langfristig in dieser kritischen Phase keinen Einfluss auf den Kaufentscheid haben.

Porträt