Konnektivität
Wir werden in Netzwerken leben. Dies beeinflusst uns sozial, in unserer Haltung und in unserem Denken. Das Zusammenspiel zwischen Menschen und Technologie, der Umgang mit den neuen Möglichkeiten, wird sich in den 2020er-Jahren richtungsweisend entwickeln, wenn der gegenwärtige technologische Hype umfassender begriffen wird. Erst wenn Technologien gezielt und effizient eingesetzt werden, ergeben sich enorme Potenziale zur Effizienzsteigerung und für neue Geschäftsmodelle. Unternehmenskulturen entstehen über menschliche Beziehungen. Wenn der Nutzen von Effizienzsteigerungen nicht nur monetär, sondern auch zu Gunsten von Beziehungsentwicklungen eingesetzt wird, dienen Technologien dem Menschen und nicht allein dem Selbstzweck.
Neo-Ökologie
Der Megatrend Neo-Ökologie reicht in jeden Bereich unseres Alltags hinein, zum Beispiel Energiewende, Plastikverordnung, Biomärkte et cetera. Ob persönliche Kaufentscheidungen, gesellschaftliche Werte oder Unternehmensstrategie – selbst wenn nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, entwickelt er sich nicht zuletzt aufgrund technologischer Innovationen mehr und mehr zu einem der wirkmächtigsten Treiber unserer Zeit. Der Megatrend sorgt nicht nur für eine Neuausrichtung der Werte der globalen Gesellschaft, der Kultur und der Politik. Er verändert unternehmerisches Denken und Handeln in seinen elementaren Grundfesten. Unternehmenskulturen müssen Voraussetzungen schaffen, damit Menschen ihren Lebensinhalt und Lebenssinn in der Verschmelzung von Arbeit und privaten Aktivitäten und Ressourcenbewusstsein verwirklicht sehen. Somit wird der Zugang zur Identität einer Firma über das Produkt, die Haltung und deren Glaubwürdigkeit immer bedeutsamer.
Wissenskultur
In unserer komplexen Welt ist Wissen fluid, deshalb rücken vor allem implizite Fähigkeiten in den Fokus, die uns befähigen, auf Veränderungen und Überraschungen zu reagieren. Ganzheitliches, systemisches Denken, Kontextbildung und Beobachtung zweiter Ordnung werden ebenso zu Kernkompetenzen wie zutiefst (zwischen-)menschliche Qualitäten. Gerade für Führungskräfte sind sie enorm wichtig, um mit der Organisation und den Mitarbeitern zu kommunizieren.
Für die Unternehmenskultur bedeutet dies, dass es vor allem für Führungskräfte zentral sein wird, mit der Organisation und den Mitarbeitenden mit den erwähnten Fähigkeiten kommunizieren zu können. Im Besonderen wird der Umgang mit den Werten «Anstand», «Angst», «Konflikte», «Scham» und «Mut» als tragende Charaktereigenschaft gewertet werden.
Ableitungen
Wer die fünf Megatrends der 2020er-Jahre versucht für seine Organisation aufzuschlüsseln, wird vermutlich folgende Feststellungen machen:
- Aus der Zeit der Übertreibungen, der verschleierten Glaubwürdigkeit und dem Bewirtschaften von «Fake News» entsteht ein Bewusstsein für Echtheit.
- Der Status des «Followers» entwickelt sich langsam zum mitdenkenden, eigenständigen Mitglied oder gar Chef einer Gruppe, in der er seine Bedürfnisse und seine Wertehaltung weiterentwickeln will.
- Schnelllebigkeit, Oberflächlichkeit, «Apps», ökologischer Fussabdruck, Unterhaltung, Kommerz etc. werden über ihre Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit hinterfragt, um sich neu zu orientieren und sich selbst besser wiederfinden zu können.
Diese Entwicklungen werden neue Grundausrichtungen bewirken. Besonders für Organisationen können diese Kultur-Prozesse am Arbeitsplatz von wirtschaftlichem und sozialem Nutzen sein. Es werden sich nämlich, ungeachtet der Branche, der Betriebsgrösse, des Marktes und des Umfeldes, dafür wieder drei altbewährte Grundwerte aufdrängen. Es sind dies:
- Die Kompetenzen (Fach- und Führungskompetenzen)
- Die Selbstverantwortung (Selbstführung und Ökologiebewusstsein)
- Die Verbindlichkeit (leben und auch einfordern)
Wie eingangs ausgeführt, hat der Identitäts-Check das Zusammenspiel der sieben wichtigsten Faktoren für das Führen einer Unternehmung aufgezeigt. Die Megatrends werden auf jede Organisation unterschiedlich wirken. Auf jeden Fall wird die Grundlage jeder Veränderung und Weiterentwicklung der Firma der zukünftige Umgang mit den ethischen Grundwerten Kompetenzen, Selbstverantwortung und Verbindlichkeit sein.
«Mut» als Voraussetzung
Dies verlangt von den Verantwortlichen der Organisation, vom Verwaltungsrat bis zur untersten Führungsstufe vor allem «Mut». Mut zur Einzigartigkeit, zu den eigenen Werten zu stehen und sich zur Unternehmenskultur zu bekennen. Im Alltag heisst dies:
- Es braucht Mut, die eigenen Leitbilder und Ziele sachlich zu hinterfragen und anzupassen.
- Es braucht Mut, sich unmissverständlich auszudrücken, weil damit Verbindlichkeit entsteht.
- Es braucht Mut, Sanktionen zu begründen und umzusetzen.
- Es braucht Mut, Liebe und Anerkennung persönlich auszusprechen.
- Es braucht Mut, die eigenen Unzulänglichkeiten einzugestehen.
Schon in den Grundsätzen des ehrbaren Kaufmanns, ausgehend von der gleichnamigen Organisation Hamburger Kaufleute, die bis hinein ins Mittelalter zurück- gehen, wurde freiwillig die nachstehende Selbstverpflichtungserklärung abgegeben: «Ich bin mir meiner Rolle in der Gesellschaft und des Leitbilds des ehrbaren Kaufmanns bewusst. Meine Aufgabe ist es, Menschen zu leiten und Ressourcen zu verwalten, um einen gesellschaftlichen Wert zu schaffen, der von einzelnen Individuen nicht erbracht werden kann. Meine Entscheidungen haben heute und auch morgen Einfluss auf das Wohlbefinden von Individuen innerhalb und ausserhalb meines Unternehmens.Diesen Eid lege ich freiwillig und bei meiner Ehre ab.»