Sorge um Preisentwicklung
Zwei Drittel der Unternehmen sind von steigenden Preisen für Rohmaterialien und -komponenten betroffen, 44 Prozent beklagen Unterbrechungen von Lieferketten und weitere 41 Prozent einen erschwerten Zugang zu Rohstoffen und Vorprodukten. Der Ukraine-Krieg hat die schon angespannte Lage internationaler Lieferketten akzentuiert. Unternehmen sind hiervon nicht nur betroffen, wenn sie in Asien oder beispielsweise Osteuropa geschäftlich tätig sind, auch Tätigkeiten im grenznahen Ausland bedeutet keinesfalls Liefersicherheit oder Zugang zu günstigen Rohstoffen und Komponenten.
42 Prozent der Unternehmen sahen sich im Befragungszeitraum dennoch nicht gezwungen, konkrete Massnahmen zu ergreifen, während sich 36 Prozent auf die Suche nach neuen oder zusätzlichen Lieferanten gemacht haben und 32 Prozent der teilnehmenden KMU Rohstoffe und Vorprodukte auf Vorrat beschaffen, um Lieferengpässen entgegenzuwirken. Die Preisentwicklung ist dann konsequenterweise auch der Faktor, dem der Schweizer KMU Mittelstand die höchste Bedeutung beimisst, die eigene wirtschaftliche Lage negativ zu beeinflussen.
Abhängigkeiten
Damit verbunden haben die Disruption globaler Wertschöpfungs- und somit auch Zuliefererketten sowie der Zugang zu natürlichen Ressourcen nochmals deutlich an Bedeutung gewonnen. Hohe Energie- und Rohstoffpreise sowie Verfügbarkeit von Rohstoffen und Fachkräften werden als zentrale Konjunkturrisiken erachtet. Das überrascht nicht. Über alle Branchen hinweg und auch in der Politik ist das Thema Energiesicherheit derzeitig eines der dominierenden Diskussionsthemen.
Die Abhängigkeit Europas von russischen Gaslieferungen und das gleichzeitige Vorantreiben der Energiewende weg von Nuklearenergie und fossilen Energieträgern führen bereits heute zu Engpässen und hohen Preisen. Die Schweiz deckte 2021 rund 15 Prozent ihres Energiebedarfs mit Gas, 50 Prozent davon stammte aus Russland (Quelle: gazenergie.ch). Nicht alle Faktoren sind jedoch direkt oder indirekt an momentane Krisenherde gebunden. Themen wie die Beherrschung von technologischen Trends sowie Cyber- beziehungsweise Datensicherheit rangierten in den letzten drei Jahren immer in den Top 3. Der Schweizer KMU Mittelstand ist gefordert, technologischen Entwicklungen zu folgen und sich oft gegenüber kleineren, agilen, gut finanzierten Start-ups zu behaupten. Letztere dringen in immer mehr Branchen vor und fordern etablierte Spielregeln heraus.
Nachhaltigkeit wichtiger
Die Umfrage zeigt deutlich, dass Nachhaltigkeit in der Breite angekommen und für den Schweizer KMU Mittelstand wichtig ist. 39 Prozent der befragten KMU beurteilen die Bedeutung als hoch, weitere 45 Prozent als mittel und die Hälfte sieht darin eine Chance, nur wenige eine Herausforderung (17 Prozent). Für eine Mehrheit der Schweizer KMU ist Nachhaltigkeit kein theoretisches Konstrukt. Umso erstaunlicher sind die Resultate: Drei Viertel der Unternehmen haben bereits oder setzen derzeitig Nachhaltigkeitsinitiativen in die Praxis um. Die befragten Unternehmen verdeutlichen die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit und nachhaltigen Lieferketten dadurch, dass diese bereits heute integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie sind und die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie meist direkt in der Verantwortung des CEO liegt (60 Prozent). Niedrigere Hierarchieebenen, beispielsweise strategische Organisationseinheiten (14 Prozent) oder Produktions- und Einkaufsleiter (8 Prozent), spielen eine eher untergeordnete Rolle. Gründe, wieso Unternehmen zukunftsgerichtet in die Nachhaltigkeit ihrer Lieferketten investieren, sind teilweise aktuelle, krisenbedingte Herausforderungen, jedoch nicht ausschliesslich. Die meisten Schweizer KMU geben als wichtigsten Treiber für Investitionen Eigeninitiative an (76 Prozent). An zweiter Stelle der gewichtigsten Gründe rangiert die aktuelle Preisentwicklung von Rohstoffen, Energie und anderen Inputfaktoren.
Die Investition in nachhaltige Lieferketten soll sich für viele KMU nicht nur ökonomisch lohnen, indem stabilere und sichere Lieferketten mehr Gewinn und Umsatz generieren. Viel mehr geben Schweizer KMU (jeweils zu 70 bis 80 Prozent) eine Verbesserung des Aussenbildes, eine Erhöhung der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit sowie die Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb als wichtigste Erfolgsbeiträge nachhaltiger Wertschöpfungsketten an. 26 Prozent der Unternehmen sind überzeugt, dass nachhaltige Lieferketten einen hohen bis sehr hohen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens leisten, 39 Prozent sind der Meinung, dass der Beitrag mindestens spürbar ist.
Sicherheit vor Ökologie
Obwohl die Aussenwirkung eine wichtige Rolle spielt: Auf die Frage, welche Faktoren konkret die wichtigsten bei der Ausgestaltung von Lieferketten sind, priorisieren Schweizer KMU mit jeweils über 90 Prozent Liefersicherheit und Kosteneffizienz über Umwelt- und Sozialverträglichkeit (beide um 70 Prozent). Unterschiede sind jedoch festzustellen, wenn man sich Antworten nach Grösse der befragten Unternehmen anschaut. Kleinere Unternehmen tendieren im Schnitt eher dazu, Sozial- und Umweltverträglichkeit mehr Bedeutung einzuräumen, grosse KMU sind deutlich stärker kostenorientiert und auf Liefersicherheit bedacht. Die Fähigkeit, Produkte und Dienstleistungen zeitgerecht und schnell zur Verfügung zu stellen, ist in vielen Branchen zu einem zentralen Kaufkriterium geworden. Fast gleichbedeutend sind Mitarbeitersicherheit und -gesundheit sowie Produktqualität, -sicherheit und -information. Die Wettbewerbsfähigkeit ist für Hochpreisländer wie die Schweiz stark von der Fähigkeit abhängig, hochqualitative Produkte zu produzieren. Nachhaltigkeit verlangt aber heute mehr. Produkte müssen sicher sein und ihr Weg vom Rohmaterial zum fertigen, ausgelieferten Produkt im Idealfall lückenlos nachverfolgbar.