Im Verständnis darüber, dass Stärken oder Schwächen nur im Kontext der Wettbewerber überhaupt als solche klassifiziert werden können, werden die identifizierten Ressourcen und Fähigkeiten mit drei von vier Kriterien des VRIO-Frameworks bewertet: Seltenheit, Imitierbarkeit und Organisation. Im nächsten Teilschritt kann dann bei der nachfolgenden Umweltanalyse beispielsweise eine klassische PESTEL-Analyse durchgeführt werden, bei welcher sogenannte «Key Drivers of Change» aus den Dimensionen politisch-rechtliche, sozio-kulturelle, ökonomische, technologische und ökologische Umwelt identifiziert und bezüglich deren Wichtigkeit für den Unternehmenserfolg gewichtet werden. Zusätzlich wird bewertet, ob und wie die Wichtigkeit jedes Umweltfaktors über die Planungsperiode zunehmen wird. Davon unabhängig wird für jeden Faktor die Dringlichkeit beurteilt, welcher eine zeitliche Strukturierung und Priorisierung ermöglicht.
Schritt 4: Aufnahme der Entscheidungsfaktoren für die Evaluation «Strategischer Fit»
In dieser Phase werden zwei Beurteilungen durchgeführt. Zuerst wird jede Ressource respektive Fähigkeit geprüft, inwieweit sie mit wichtigen externen Faktoren zusammenhängt. Im Fall Mobility sind dies beispielsweise interne Faktoren wie «Marke Mobility», «hoher Marktanteil in der Schweiz», etc. (Stärken), welche mit dem externen Faktor «Kooperationspotenzial mit ÖV-Anbietern, Business-Kunden und Hochschulen» (Chance) korrespondiert. Wichtig ist dabei die Anzahl interner Faktoren, und wie stark sie kollektiv auf einen externen Faktor wirken. Dieser aggregierte Wert repräsentiert damit das vierte Kriterium aus dem VRIO- Framework, nämlich den «Wert» (value) einer Ressource oder Fähigkeit. Oder mit anderen Worten: Kann ein Unternehmen mit einer spezifischen Ressource oder Kompetenz eine Chance im Unternehmensumfeld wahrnehmen oder eine Gefahr neutralisieren?
Als nächster Teilschritt wird jede Ressource oder Fähigkeit auf ihre Relevanz für die Erreichung der formulierten Unternehmensziele evaluiert. Dieser methodische Schritt konkretisiert die eher intuitive Einsicht, dass interne Faktoren zwar bestens mit externen Faktoren korrespondieren können, für die Organisation allerdings ohne Relevanz sind, weil sie nicht oder nur wenig zur Erreichung der Unternehmensziele beitragen. Am Beispiel von Mobility ist dies beispielsweise die Entwicklung der eigenen Standard-Software-Lösung, welche zu keinem der formulierten und im Geschäftsbericht veröffentlichten Unternehmensziele beiträgt.
Schritt 5: Erstellen der Strategiekarte und Formulierung strategischer Prioritäten
Die als Ergebnis entstehende Strategiekarte (siehe schematische Abbildung 4) positioniert die Ressourcen und Fähigkeiten (blaue Kreise) in zwei Dimensionen: Eher rechts sind diejenigen positioniert, welche relativ selten, schwer imitierbar und durch die organisatorischen Fähigkeiten nutzbar sind. Sind sie zudem eher im oberen Teil verankert, versprechen sie einen sogenannten «strategischen Fit», unterstützen also in einem hohen Masse die Erreichung der Unternehmensziele.
Die relevanten Faktoren aus dem Unternehmensumfeld (graue Kreise) werden ebenfalls in die Karte eingefügt, wobei die horizontale Positionierung den erwarteten Einfluss auf die Strategieumsetzung darstellt und die vertikale Einordnung die erwartete Zunahme der Wichtigkeit über die Planungsperiode repräsentiert. Die Kreisgrösse indiziert darüber hinaus die Dringlichkeit. Hohe Relevanz für die konkrete Strategieentwicklung haben deshalb die internen und externen Faktoren im oberen, rechten Quadranten der Strategiekarte (siehe Abbildung 4, rot hinterlegter Bereich).
Mit der Strategiekarte können nun automatisch Paare von internen Stärken und externen Faktoren gebildet und priorisiert werden. Dabei kommen folgende Kriterien zur Anwendung:
1. Minimierung der Distanz zwischen den beiden Arten von Faktoren,
2. Positionierung in der Strategiekarte oben rechts sowie die Kreisgrösse.
In der Praxis bedeutet dies, dass für die strategisch relevanten Faktoren aus der Unternehmensumwelt, also die Chancen und Gefahren, welche im Zuge der Analyse identifiziert und priorisiert wurden, eindeutig und auf die Wettbewerber ausgerichtet, eigene Ressourcen und Fähigkeiten zugeordnet werden, um diese Chancen wahrnehmen oder allfällige Gefahren neutralisieren zu können. Das Ergebnis ist eine priorisierte Liste von strategischen Optionen, welche im Rahmen der Strategieentwicklung konkret ausformuliert und beispielsweise mit einer Balanced Scorecard implementiert werden können. Das Vorgehen im gesamten Prozess der Meta-SWOT ist iterativ (siehe Abbildung 2), d.h. im Verlaufe des Prozesses besteht die Möglichkeit, immer wieder Anpassungen zu machen, weil eine Art Lernprozess durchlaufen wird und Erkenntnisse laufend an jeder Stelle des Prozesses eingebracht werden können, um die Qualität der Entscheidungen positiv zu beeinflussen.