Oftmals sorgen sich die Führungskräfte um die innere Einstellung ihrer Mitarbeiter. Woher kommt diese bedrückte Stimmung? Dafür gibt es viele Argumente. Wenn man aber zwischen den Zeilen liest, dann läuft es meist in eine Richtung. Die längst überholte Binsenwahrheit: Fleiss und Betroffenheit gehen einher mit Erfolg. Heute ist nach wie vor beides wichtig, aber ein Garant für Erfolg ist es längst nicht mehr. Selbst intelligente Geschäftsideen setzen sich nicht durch. Das ist anstrengend und führt vielerorts zu Erschöpfungszuständen und Frustration. Um diese Frustration zu vermeiden, ist es notwendig, die gewohnte Einstellung zu verändern. Auch das ist kein Geheimnis und wird in vielen Mitarbeiterinformationen vorgetragen. Nur allein damit ändert sich nichts.
Im Prinzip gibt es ja nur zwei Ansatzpunkte: Entweder die Mitarbeiter bleiben in der kollektiven Depression (von lateinisch deprimere: «niederdrücken») oder sie brechen aus. Beide Wege sind heute gang und gäbe, beide Wege sind jedoch in der Haltung jedes Einzelnen völlig unterschiedlich. In der kollektiven Depression werden Sorgen und Ängste nach aussen projiziert. Das bedeutet, dass diese Menschen andere kritisieren und das Haar in der Suppe suchen, selbst wenn gute Nachrichten verkündet werden. Hingegen bei den Ausbrechern legen die Mitarbeiter und die Vorgesetzten Wert auf konstruktives Feedback, sie sind lösungsorientiert und betrachten jede Aufgabe als eine Entwicklung hin zum Besseren. Dies ist eine anhaltende Bewegung hin zu einem besseren Zustand. Und wenn dieser Zustand erreicht ist, dann wird der nächstbessere Zustand angepeilt. Den Mängeln wird lediglich so viel Aufmerksamkeit geschenkt, wie sie brauchen, um verstanden zu werden, um korrektive Massnahmen zu identifizieren. Hier hat man Spass am Prozess, Spass an der Verbesserung und Spass daran, als Gemeinschaft am selben Strick zu ziehen.
Die «kognitive Dissonanz»
Der US-amerikanische Psychologe Prof. Dr. Elliot Aronson dozierte an der Universität von Kalifornien in Santa Cruz. In seiner Zeit als Professor beobachtete Aronson, dass seine Studenten ein ziemlich unbeschwertes Sexleben führten. Der Respekt vor Aids war kaum vorhanden. Nur 17 Prozent der Studenten hatten gemäss seiner Umfrage geschützten Sex. Aronson war überrascht und wollte etwas für die jungen Menschen tun. Im Prinzip gab es dazu nur zwei Ansatzpunkte: Entweder weniger Sex oder Präservative nutzen. Er begann mit einer anonymen Umfrage – die dann auch seine Befürchtung bestätigte.
Dann lancierte er ein Projekt. Sein Ansatz war simpel und wirkungsvoll zugleich: Er machte die Studenten zu Botschaftern. Er liess sie Studien schreiben und Vorträge halten. Er entwickelte also eine Kampagne, bei der die Studenten eine Botschaft formulierten und verkündeten, die sie selber anders lebten.
Dieses Prinzip nennt man «kognitive Dissonanz», das heisst eine innere Spannung erzeugen, die jeden persönlich aufwühlt und zum Denken anregt. Sechs Monate später, als Aronson seine Probanden noch einmal interviewen liess, stellte sich heraus, dass bis zu 70 Prozent der Studenten, die an seiner Kampagne teilnahmen, etwas mehr Zurückhaltung übten oder Kondome benutzten.
Diese Theorie an einem einfachen Beispiel angewendet, zeigt grundsätzlich, wie wir Menschen dazu bringen, eingefahrene Meinungen und Verhaltensweisen zu verändern. Wir binden sie in den Prozess ein. Wir machen sie zu Mitverantwortlichen einer Mission und geben ihnen Gelegenheit, sich damit tiefgründig auseinanderzusetzen, sich zu profilieren, sich sichtbar zu machen. Über geschicktes Coaching wird dafür gesorgt, dass sie sich über einen längeren Zeitraum hinweg mit dem Thema befassen. Wichtig ist die Kontinuität – ein Workshop zu dem Thema und ein paar Transferaufgaben werden im Sand verlaufen. Zusätzliche grosse Projekte würden den Rahmen der bereits sehr belasteten Mitarbeiter und Führungskräfte sprengen.