Auf Netzwerke angewiesen
Wird unterstellt, dass Bauchentscheide eher aus der Not geboren denn als Tugend betrachtet werden, kann davon ausgegangen werden, dass KMU auf eine in Relation zu Grossunternehmen qualitativ und quantitativ limitierte Management- und Führungsbasis zurückgreifen, um ihren Internationalisierungsprozess zu gestalten. Klar ist ebenso, dass Internationalisierungsstrategien, die in Grossunternehmen erfolgreich angewandt werden, KMU in den Dimensionen Finanzierungsfähigkeit, Führungs- und Organisationskompetenz an ihre Grenzen bringen.
Folglich gestaltet sich das «Wie» erfolgreicher KMU-Internationalisierung anders als für Grossunternehmen und so darf beispielsweise unterstellt werden, dass KMU deutlich mehr als Grossunternehmen auf Netzwerke und Partnerorganisationen angewiesen sind, um einen jeweils adäquaten Internationalisierungspfad erfolgreich begehen zu können.
Die «richtige» Strategie
Bei der richtigen Strategiewahl können jeweils verschiedene Optionen in Betracht gezogen werden. Das «Was zu tun ist im Rahmen der Internationalisierung» ist grundsätzlich einigermassen klar. Der Schwerpunkt muss also auf dem «Wie die Internationalisierung (durch)zuführen ist» liegen: Der Fokus richtet sich darauf, wie Aufgaben erfüllt werden und wie Menschen sich im Rahmen der Internationalisierung verhalten. Doch selbst wenn das richtige Wie klar und bewusst wird, heisst das leider noch nicht, dass die eigenen Fähigkeiten ausreichen. Die Praxis verantwortlicher Führungskräfte in KMU ist oft geprägt durch eine Kombination aus Nicht-Wissen und Unsicherheit in bezug auf die Gestaltung der Organisations- und Führungsaufgabe mit Blick auf die richtige Internationalisierung der KMU-Geschäftstätigkeit. In einer Vielzahl an Artikeln und Büchern zur KMU-Internationalisierung wird oftmals auf die Perspektive der adäquaten Ressourcenausstattung fokussiert.
Erfolgskritische Kompetenzen
Abhilfe schaffen kann nach Ansicht der Autoren ein systemischer und kompetenzorientierter Fokus auf Führungs- und organisatorischer Kompetenz. Die Konzentration auf erfolgskritische Kompetenzen erlaubt eine systemische Sicht auf mögliche Defizite bezüglich dieser Kompetenzen und erlaubt die Überprüfung der zugesprochenen Erfolgsrelevanz. Das bedeutet, dass sich KMU die richtigen Fragen stellen müssen, um auf das für sie richtige Wie der Internationalisierung zu stossen. Es geht darum, kritisch die eigenen Fähigkeiten und Grenzen zu analysieren und eben nicht mehr reine Bauchentscheide zu fällen. Somit ist klar, dass eine gewisse Kulturkompetenz angeeignet werden sollte, aber auch die Fähigkeit, Verantwortung abzugeben oder Experten ins Unternehmen zu holen.
Das heisst nun konkret für KMU-Manager, vor einem Internationalisierungsschritt bewusst innezuhalten und sich einmal des eigenen kulturellen Profils bewusst zu werden. Eine grundlegende Informationsbeschaffung über das Ziel- oder Kooperationsland bzw. dessen Kultur ist der logische zweite Schritt. Und danach kann bzw. soll man sich ruhig auch richtig irritieren lassen. Das bedeutet, dass es durchaus Sinn macht, bewusst Erfahrungen jeglicher Art zu sammeln und diese zu verarbeiten.
In einem ersten Schritt bedeutet das, dass sich KMU-Manager vorgängig mit dem Lesen von Büchern und eben auch den berühmten «Dos und Don’ts» eine Basis aneignen sollten.
Darüber hinaus gibt es auch die Möglichkeit, mit qualifizierten Weiterbildungen innert nützlicher Frist den theoretischen Horizont zu erweitern und erste Praxiserfahrungen zu sammeln und zu spiegeln. Denn meist sind auch Auslandaufenthalte im Curriculum eingebunden.
Dabei sollte möglichst auf eine Mischung zwischen Theorie und Praxis geachtet werden: Die Grundlagen können sehr wohl im Klassenzimmer vermittelt werden (und das am besten in einer fremden Sprache und einem kulturell gemischten Publikum), doch der Rest muss wie erwähnt auch einmal ganz bewusst erlebt werden. Geht es doch darum, sich explizit auf die kulturelle Unterschiedlichkeit von Erwartungen bezüglich Führen und Geführtwerden einzulassen. Das hilft enorm, interkulturelle Missverständnisse einordnen zu können und ist zugleich ein zentraler Schritt bei der Entwicklung der geforderten interkulturellen Kompetenz.
Ein kulturelles Rahmenprogramm im Zielland rundet die Erfahrungen ab und vermittelt wertvolle Eindrücke zu Essgewohnheiten und vielem mehr. So entsteht Verbundenheit und interkulturelles Verständnis.
Erfahrungen und die eigene interkulturelle Führungsweiterbildung als notwendige flankierende Massnahme darf weder aus monetären noch aus zeitlichen Aspekten negiert werden. Die Kombination aus beiden liefert soziale und interkulturelle Führungskompetenz, die Netzwerke zum Leben erweckt und Schweizer KMU mittelfristig einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil im Globalisierungswettkampf verschafft.