Sperrfristen in Folge
Es gilt der Grundsatz, wonach jeder Sachverhalt eine neue Sperrfrist auslöst und die Sperrfrist von Neuem zu laufen beginnt. Dieser Grundsatz gilt nicht, wenn es sich um einen Rückfall handelt. Wenn jemand innerhalb der Kündigungsfrist infolge des gleichen Unfalls zwei- oder mehrmals arbeitsunfähig ist, werden alle Abwesenheiten zusammengerechnet, weshalb die maximale Dauer der Sperrfrist schneller erreicht ist, als wenn jedes Mal eine neue Sperrfrist zu laufen beginnen würde.
Wenn aus verschiedenen Sachverhalten eine Sperrfrist eintritt, also beispielsweise zunächst Krankheit, dann Unfall und schliesslich Schwangerschaft, so löst jeder dieser drei Sachverhalte eine neue Sperrfrist aus. Nach einer Abwesenheit wird der Zeiger also wieder auf null zurückgestellt. Dies ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung auch bei Krankheit und Unfall der Fall, obwohl das Gesetz diese beiden Gründe in einem Atemzug nennt und die Lehre eigentlich davon ausgeht, dass bei Krankheit und Unfall die Tage zusammengezählt werden. Doch das letzte Wort hat das Bundesgericht, und das hat bislang stets anderes entschieden.
Überlappende Sperrfristen
Nun ist auch denkbar, dass in einer laufenden Sperrfirst eine weitere hinzukommt. Hier gilt, dass die längere der beiden Sperrfristen zählt. Ist also beispielsweise eine Mitarbeiterin verunfallt, löst dies eine Sperrfrist aus, so lange wie die Arbeitsunfähigkeit effektiv dauert, im längsten Fall aber so lange, wie die gemäss ihrem Dienstjahr geltende gesetzliche Höchstdauer der Sperrfrist gilt. Wird die gleiche Mitarbeiterin nun innerhalb dieser unfallbedingten Sperrfrist schwanger, so löst die Schwangerschaft eine neue Sperrfrist aus und letztendlich gilt diejenige Sperrfrist, die länger dauert – in diesem Fall wohl die Schwangerschaft. Es ist also unerheblich, welche Sperrfrist zuerst eintritt, es zählt allein, wie lange die Sperrfrist dauert.
Teilarbeitsunfähigkeit zählt
Die Sperrfrist wird im Übrigen genau gleich ausgelöst, auch wenn es sich nur um eine teilweise Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall handelt. Wenn nun beispielsweise die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit lediglich 20 Prozent beträgt, so ist die Sperrfrist zu zählen, wie wenn es sich um 100 Prozent Arbeitsunfähigkeit handeln würde. Der Sperrfristenschutz gilt auch dann, wenn der gekündigte Mitarbeitende freigestellt wurde.
Um nicht erst am letzten Tag der Kündigungsfrist von einem Sperrfristensachverhalt «überrascht» zu werden, sollte der Arbeitgeber in seiner Freistellungserklärung darauf hinweisen, dass allfällige Arbeitsunfähigkeiten unverzüglich zu melden und zu belegen sind.
Schliesslich sei noch auf den Fall hingewiesen, in welchem eine Arbeitsunfähigkeit in ein neues Dienstjahr reicht, und das neue Dienstjahr gemäss Gesetz einen längeren Sperrfristenschutz vorsieht. In diesem Fall gilt die längere der beiden Sperrfristen (Beispiel: Arbeitsunfähigkeit beginnt im ersten Dienstjahr und dauert ins zweite hinein; es gilt die Sperrfrist des zweiten Dienstjahres).
Sperrfristenfragen können dann und wann zu rauchenden Köpfen führen. Es gilt, wie so oft, immer den konkreten Einzelfall zu prüfen. Auch sollte man sich als Arbeitgeber der Möglichkeit der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bewusst sein und bereits vor der Kündigung einschätzen, welche Risiken bestehen könnten und allenfalls Alternativen zur Arbeitgeberkündigung prüfen.