Zweiter Pfad: Vertrauen schöpfen
Im Gegensatz zur Metapher der Maschine anerkennen wir in komplexen, lebendigen Systemen eine innewohnende kreative Kraft. Dieser in jedem System pulsierende Lebensdrang wird in den verschiedenen Phasen der Lebenszyklen sichtbar. So ist zum Beispiel das Wechselspiel von kreativem Chaos und Neuordnung nicht nur in der Natur, sondern auch in der Teamarbeit, in Projekten oder auch in der Entwicklung von Organisationen beobachtbar. Der zweite Pfad lehrt uns, diese Selbstorganisationskräfte zu erkennen und sie zu aktivieren, Chaos und Nicht-Wissen auszuhalten und der kreativen Kraft der Auseinandersetzung zu vertrauen. Der Weg durchs Leben – entsteht im Gehen. So banal diese Einsicht ist – gerade in der Lebensmitte sind viele Führungskräfte vor allem auf «gut asphaltierten Autobahnen» unterwegs, in denen das «Navigationssystem» die Wege bestimmt. Sich auf das «Gehen» einzulassen, braucht Mut für das Ungewisse. In der Natur entdecken sowie schärfen wir unsere Intuition, den inneren Kompass und gehen Wege, auf welchen der Mut neu eingefordert wird.
Dritter Pfad: Dialog pflegen
Die Arbeitswelt, gerade in diesen Zeiten der Digitalisierung, ist geprägt durch eine stark fokussierte Wahrnehmung über die Augen und die Ohren. Wie steht es um den ganzen Rest des Körpers? Um in der Fülle der auf uns einprasselnden Informationen das Wesentliche herauszufiltern, hilft es, unser ganzes Wesen, das Bauchgefühl und das Herz, das Gewissen oder auch die Last auf den Schultern und den brummenden Kopf in die Kommunikation mit einzubringen. Nebst der zurzeit boomenden Welle von Achtsamkeit und «mindfulness» bietet der Aufenthalt in der Natur eine ganz ursprüngliche Art und Weise der Wahrnehmungsschulung. In der unmittelbaren Begegnung mit dem Feuer, dem Bach, dem Stein üben wir die «phänomenologische Wahrnehmung», die als ein «In-sich-Aufnehmen», «Wirkenlassen» beschrieben werden kann. Auf diese Weise verbinden wir uns mit der Fülle der kreativen Lebenskräfte und erhöhen damit unsere Selbstwirksamkeit und Vitalität.
Vierter Pfad: Sinn stiften
Wir gehen davon aus, dass es für künftige Generationen wichtig ist, die Berufung im Leben zu entdecken, und sie sich von Organisationen angezogen fühlen, die selbst eine sinnstiftende Ausrichtung haben. Wir gehen auch davon aus, dass Sinnhaftigkeit in der Arbeit mehr ist als Profitabilitätssteigerung, Wachstum und Marktanteile. So gesehen sind die Führungskräfte gefordert, Arbeitsplätze und Organisationen so zu gestalten, dass die Menschen sich als Ganzes einbringen und eigenverantwortlich handeln können. Führungskräfte, die ihre Lebenskräfte stärken, ihre Handlungs- und Verantwortungsräume und damit auch ihre Grenzen sorgsam regulieren, in innerer Verbundenheit zu ihrer Lebensaufgabe und ihrem Platz auf der Welt handeln, strahlen eine authentische, integre Haltung aus, die Mitarbeitern Vertrauen und Zuversicht gibt und sie ermutigt, sich auf «Wagnisse des Lernens» einzulassen.
Ausblick
Viele Führungskräfte, die sich auf intensive Zeiten in der Natur eingelassen haben und mit den in diesem Artikel beschriebenen Methoden des naturbasierten Coachings arbeiten, erleben eine nachhaltige individuelle Stärkung – sowohl ihrer Lebenskräfte als auch ihrer Entschlossenheit, sich für lebensbejahende Ziele einzusetzen. Die Erfahrung des schlichten, einfachen Seins in der Natur stärkt den Mut, sich für wesentliche Ziele der eigenen Organisation einzusetzen, statt Umwege in kräftezehrenden Gewaltmärschen anzugehen. Sie haben erfahren, wie entscheidend die Pflege der individuellen Lebenskräfte ist, um gesundes Wachstum zu ermöglichen.
Manche erschaffen Inseln der Begegnung, der Lebendigkeit, des Innehaltens – und erleben ihren Führungsalltag als Reise in eine lebenswerte Zukunft. Viele erleben ein neues Interesse, das Umfeld ihrer Organisation besser kennenzulernen – in eine aktivere Beziehung zu ihren Kunden, Lieferanten und anderen «Stakeholdern» zu treten, um damit die gemeinsamen Interessen in den Vordergrund zu stellen.