Was empfehlen Sie Unternehmern, in der Vorsorge zu unternehmen?
Generell sollte eine Vorsorgeplanung frühzeitig beginnen, auch wenn am Anfang der Geschäftsausbau im Fokus steht. Die sich ändernden Rahmenbedingungen im Laufe einer Unternehmerkarriere bedürfen zudem einer regelmässigen Bewertung und entsprechender Anpassung. Das A und O ist eine ganzheitliche Vermögensbetrachtung, die zudem transparent und objektiv erfolgen sollte.
Gehört das nicht zum Standard in der Vorsorgeplanung?
Oft sind die Verwaltung des Vermögens in Form von Bankguthaben und die Verwaltung des Vorsorgekapitals voneinander getrennt, was einen ganzheitlichen Ansatz massiv erschwert. Hier setzen wir als führende Bank in diesem Bereich an. Um die Rendite nach Steuern zu optimieren, wird das gesamte Vermögen – das heisst sowohl das freie private Guthaben als auch das gebundene Vorsorgegeld – analysiert. Was sich einfach anhört, bedingt viel Erfahrung und eine hochmoderne IT-Infrastruktur. Die Vorteile liegen auf der Hand: Einzelne Anlageinstrumente können sowohl aus regulatorischer als auch aus steuerlicher Sicht den Portfolios richtig zugeordnet werden. Konkret heisst dies, dass dem Vorsorgekonto Finanzanlagen mit erhöhten Erträgen (Coupons, Dividenden) und dem Privatkonto Vermögen mit Wertsteigerungspotenzial zugewiesen werden. Das Ergebnis ist ein durchschnittliches Performanceplus von 0,50 bis 1,50 Prozent pro Jahr – ohne dass ein höheres Risiko in Kauf genommen werden muss.
Negativzinsen bedeuten für Sparer eine Vermögensentwertung; sie reduzieren nicht nur Altersguthaben, sondern auch die Optionen für Investments. Welche Möglichkeiten der Geldanlage empfehlen Sie in der aktuellen Gemengelage?
In diesem langsam wachsenden Niedrigzinsumfeld müssen die Portfolios diversifiziert und widerstandsfähig sein. Wir bevorzugen Carry-Strategien wie Schwellenländer-Schulden, globale Hochzinsanleihen und Immobilien gegenüber Aktien. Sie bieten eine zusätzliche Portfoliorendite bei einem ausgewogenen Risiko. Die Anleger brauchen darüber hinaus einen angemessenen Portfolioschutz in Form von Gold und US-Treasuries, um die unvorhersehbaren Herausforderungen zu meistern. Das Coronavirus ist der erste Test des Jahres mit dem Potenzial für erhebliche kurzfristige Verluste. Solche Schocks sind überwiegend temporär und die Kurserholung ist signifikant – insbesondere mit geld- und fiskalpolitischer Unterstützung –, sobald die Marktaktivitäten wieder aufgenommen werden.
Handelskonflikte, vor allem zwischen den USA und China, die weltweite Konjunkturabschwächung, das rezessive Umfeld in Deutschland und eine Erstarkung des Frankens gegenüber dem Euro sind keine Indikatoren für Optimismus. Wie beurteilen Sie die Lage der Schweiz für die nächsten Jahre?
Insgesamt befindet sich die Wirtschaft in einem gesunden Zustand mit sehr niedriger Arbeitslosigkeit und einem angemessenen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in den letzten Jahren. Aber die Auswirkungen des Handelskrieges und der starken Konjunkturabschwächung in Deutschland haben in der Tat erste Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft. Unsere Prognose ist vor dem Hintergrund der gesunden Ausgangslage und der bemerkenswerten Stabilität der Schweizer Wirtschaft grundsätzlich konstruktiv. Wir beobachten jedoch aufmerksam die Entwicklung des Handelskrieges zwischen den USA und China angesichts der Risiken, die dieser für die Weltwirtschaft mit sich bringt und vor dem Hintergrund des begrenzten politischen Handlungsspielraums in der Schweiz, falls es zu einem längeren Abschwung kommen sollte.
Welche Steuerungsinstrumente erachten Sie als sinnvoll, um die Schweizer Wirtschaft vor einem Abschwung zu bewahren?
Die SNB hat bereits verschiedene Instrumente zum Schutz der Schweizer Wirtschaft eingesetzt. Obwohl sie im Falle eines Abschwungs weitere Massnahmen ergreifen kann – zum Beispiel eine weitere Senkung der Zinsen noch tiefer in den negativen Bereich oder zusätzliche Interventionen am Devisenmarkt, um eine starke Aufwertung des Schweizer Frankens zu verhindern –, werden die Grenzen der Geldpolitik sicherlich deutlich. Die Fiskalpolitik kann angesichts des grossen fiskalischen Spielraums in der Schweiz, wo die Staatsverschuldung in den letzten Jahren stark gesunken ist und zu den niedrigsten in den Industrieländern gehört, ein wirksameres Steuerungsinstrument sein. Eine aktivere Fiskalpolitik hätte durch die Entlastung der Geldpolitik eine Reihe von positiven Auswirkungen: Höhere Investitionen können zu höherem Wachstum und höheren Zinsen führen und damit auch die Risiken der Finanzstabilität begrenzen, die aus der anhaltenden Jagd nach Renditen in einem Umfeld extrem tiefer Schweizer Zinsen resultieren. Fiskalpolitik zugunsten von Privatpartnerschaften etwa im Bereich der Infrastruktur könnte dabei helfen, die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu sichern.
Was können Banken dazu beitragen?
Die Schweizer Banken sind in der Regel sehr gut kapitalisiert, was es ihnen ermöglicht, die eidgenössische Wirtschaft zu unterstützen und in Zeiten des Abschwungs weiterhin Kredite an Firmen, einschliesslich KMU, zu vergeben.
Die Lombard-Odier-Gruppe wurde 1796 gegründet, sie besteht also seit mehr als 200 Jahren, die Geschäftsstelle in Zürich seit 30 Jahren. Welches waren die wichtigsten Meilensteine der letzten Jahrzehnte?
Sie haben unsere Niederlassung am Utoquai im Seefeld erwähnt, die 1989 eröffnet wurde. Dies war sicherlich ein sehr wichtiger Schritt für unser Unternehmen in der Deutschschweiz. Mittlerweile hat sich Zürich zu einem zentralen Standort entwickelt. In der ausserhalb von Genf grössten Niederlassung arbeiten 120 Mitarbeiter in den Büros am Utoquai und seit 1999 auch an der Sihlstrasse. Ein anderer Meilenstein, um nochmals auf das Thema Vorsorge zu sprechen zu kommen, war die Gründung eines Vorsorgefonds 1911 für die Teilhaber und später 1926 die Gründung einer der ersten Pensionskassen für Mitarbeiter in der Schweiz. Dies machte uns zu Pionieren bei Vorsorgelösungen.