For Men only

Gita Topiwala (Autor)

19.11.13 - 09:15

Um sie ranken sich Mythen, sie sind ein Ort geheimer Geschäfte und Schauplatz unzähliger Spionageromane: die traditionellen englischen Herrenclubs. Auch in der Schweiz sind sie noch immer zu finden, wenn auch in moderner Form.

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Juho Nyberg, Architekt und Präsident des Curlingclubs Zürichberg, ist Bewahrer einer Tradition. Seit 51 Jahren treffen sich von Oktober bis März rund 30 Herren – Frauen sind nicht zugelassen – auf dem Eisfeld gleich beim Dolder Grand Hotel in Zürich. Einmal pro Woche treffen sie sich zu einem Curlingspiel, daneben veranstalten sie Abendessen oder Clubanlässe. «Wir haben eine tolle Stimmung», sagt Nyberg und ergänzt: «das lockere Zusammensein und der gesellschaftliche Aspekt machen wohl den Reiz eines Herrenclubs aus.»

Diskretion ist Ehrensache

Sie sind zwar sehr diskret, aber es gibt sie noch, diese exklusiven Herrenclubs, wo man, fernab des Fussvolks in überfüllten Restaurants, bei einem Glas Gin Kontakte knüpft. Der Archetyp dieser Institutionen ist der klassische englische «Gentlemen’s Club». Die ersten Vereine entstanden im Londoner Westend, rund um Pall Mall und den St. James’s Palace, für die männlichen Angehörigen der britischen Aristokratie. Sie dienten den Herren als zweites Zuhause, in dem sie sich mit ihresgleichen entspannen konnten. Noch immer existieren in der Gegend rund ein Dutzend exklusive Clubs.

Ein Namensschild sucht man zwar vergeblich, doch 106 Pall Mall ist die Adresse des «Travellers Club», 1819 als Treffpunkt weit gereister Gentlemen und deren ausländischen Gästen gegründet. Die Initiatoren waren Waterloo-Feldherr Arthur Wellesley Wellington, Aussenminister Robert Stewart Castlereagh und der spätere Premier Henry John Temple Palmerston. Obwohl heute auch Bankiers und Juristen Mitglieder sind, gehören dem Travellers Club noch immer Reiseschriftsteller, Beamte des britischen Aussenministeriums und Geheimdienstler an. So wurde 2003 das Freundschaftsabkommen zwischen Libyen und Grossbritannien in geheimen Gesprächen im Billardraum ausgehandelt.

Im «Travellers» lebt das Empire wieder auf. Lederne Clubsessel, dreiteilige Anzüge und goldene Uhrketten gehören zur Standardausrüstung. Es reicht sogar bis in die Schweiz: der «Club Baur au Lac» in Zürich, der «Cercle de la Terrasse» in Genf und die «Grande Société de Berne» sind Partner des Travellers Club und gewähren den Mitgliedern Gastrecht, sollten sie in der Schweiz weilen.

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Verlorene Tradition

Heute haben die Herrenclubs viel von ihrer einstigen Bedeutung verloren. Demokratisierung und Emanzipation spülten Bürgerliche, Frauen und Aufsteiger in die wichtigen gesellschaftlichen Positionen. Die moderne Elite netzwerkt in Clubs, in denen Manager und Unternehmer beider Geschlechter und meist unter 45 Jahren willkommen sind.

Etwa im Griffith-Club in Zürich. Aufgenommen werden Männer und Frauen mit einem respektablen Titel, die von einem Mitglied empfohlen worden und auch der Aufnahmekommission genehm sind. Headhunter Bjørn Johansson gründete den Club, um mehr junge, beruflich erfolgreiche Männer und Frauen als Gönner und Förderer des Zürcher Fussballklubs Grasshopper zu rekrutieren.

Trotz der Jahresgebühr von rund 4000 Franken interessiert sich die Mehrheit der Mitglieder mehr für die Events als für den Fussball: Die für sie reservierten Plätze im Stadion bleiben meist leer oder nur schwach besetzt. Lieber kommen sie an die regelmässigen Abendveranstaltungen mit Abendessen, Cognac und Zigarren oder an die Skiwochenenden in St. Moritz.

Locker und leger

Ein (noch) reiner Männerclub ist hingegen der «Entrepreneurs’ Roundtable», von Wirtschaftsanwalt Thomas Ladner und Headhunter Pascal Forster im Jahr 2000, dem Höhepunkt der New Economy, gegründet. Im Gegensatz zu den alteingesessenen Herrenclubs wie Rotary pflegen die jungen Topmanager einen betont informellen Umgang. Alle duzen sich, das Tragen von Krawatten ist verpönt. Etwa achtmal im Jahr treffen sie sich in der Firma oder im Haus eines Kollegen zum Abendessen. Und einmal jährlich, immer im September, geht es ab zum 48-Stunden-Abenteuer: Jeweils am Donnerstagnachmittag trifft man sich am Flughafen, ohne zu wissen, wohin die Reise geht. Dann folgt ein Wochenende voller Adrenalinschübe und Mutproben: Fallschirmspringen, Tontaubenschiessen, Paintball-Turniere. Spätestens am Samstagabend um sechs Uhr, auch dies hat Tradition, sind die Pfadfinder der Wirtschaft wieder zurück im trauten Heim bei Frau und Kind. Die dem Leistungsdruck der globalen Wirtschaft unterworfenen jungen Manager geniessen es offensichtlich sehr, ab und zu auf Ernsthaftigkeit zu verzichten. Die meisten reservieren sich den Termin fürs gemeinsame Wochenende schon ein Jahr im Voraus.

Business inklusive

Auf solch extravagante Freizeitbeschäftigungen verzichten die Herren des Curlingclubs Zürichberg. Zwar besteht auch ihr Club aus Juristen, Bankiers und Bau-Investoren. Doch hier wird Tradition gepflegt. Nach den Curling-Spielen offerieren die Gewinner den Verlierern jeweils einen Apéro. Bei einem gemütlichen Schwatz werden auch Geschäftsbeziehungen geknüpft. «Wir wählen unsere Mitglieder sorgfältig aus», sagt Nyberg. Mitmachen kann nur, wer auf Empfehlung eines Mitgliedes formell aufgenommen wird. «Wir wissen deshalb, wer in welchem Business tätig ist. Natürlich ergibt sich daraus manchmal mehr.»

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