Status quo und Praxis der Vergütung

Vergütung weckt Emotionen und polarisiert häufig so stark, dass ein sachlicher Dialog kaum mehr möglich ist. Kompromisslose und wenig ganzheitliche Verhandlungspositionen, konzeptlose Debatten und polemisch-politischer Schlagabtausch beherrschen heute oftmals die Diskussion. Dabei bieten die aktuellen Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis die Möglichkeit, ein durchdachtes und situativ anpassbares Vergütungssystem zu gestalten. Ein System, das für alle Interessengruppen einen Orientierungsrahmen schafft und zu unserer Kultur und zu unserem Wirtschaftssystem passt.

Erfolgreiche Unternehmen möchten massgeschneiderte Vergütungssysteme, welche die Unternehmensstrategie unterstützen, Differenzierungsmöglichkeiten bieten und die Reputation fördern. Dabei sind nebst lokalen und branchenspezifischen Bedürfnissen unbedingt auch die kulturellen und landesspezifischen Eigenschaften der Vergütungselemente einzubeziehen.

Obwohl finanzielle Anreize lediglich kurz wirken, spornen sie zu Höchstleistungen an, wenn die Vergütung mit objektiv messbaren und nicht manipulierbaren Leistungsindikatoren verknüpft wird. Diese müssen im Voraus gut durchdacht und angemessen definiert werden, damit das Leistungspotenzial ohne Förderung von Fehlverhalten vollständig ausgeschöpft werden kann. Damit positioniert sich das Unternehmen auf dem Markt und schafft eine hohe Kostenkontrolle, um die zukünftige Rentabilität zu gewährleisten.

Leider berücksichtigen heutige Konzepte noch zu wenig, dass finanzielle Anreize lediglich einen Teil der gesamten Vergütung ausmachen. Um die Mitarbeiterzufriedenheit und folglich auch die gute Leistung langfristig aufrechtzuerhalten, muss der gesamte Prozess von der Zielvereinbarung über die regelmäs­sigen Zwischengespräche und Leistungsbeurteilungen bis hin zum Leistungslohn und individuellen Förderungsmassnahmen angemessen abgedeckt werden (siehe Abb. 1). In diesem Zusammenhang fehlen den Unternehmen oft auch qualitative Leistungsziele (z.B. Kundenzufriedenheit), die neben den quantitativen (z.B. Anzahl Aufträge) eine wichtige Rolle spielen.

Vergütungselemente

Neben den lokalen Bedürfnissen und dem Prozess der Leistungsmessung sind zusätzlich oft auch die einzelnen Vergütungselemente in Unternehmen nicht aufeinander abgestimmt. Vor allem bei der Entlohnung von Führungskräften werden verschiedene Elemente miteinander vermischt, was zu einem Verlust der Anreizwirkung führt. Zu einem leistungsfördernden und nachhaltigen Vergütungssystem gehören eine auf die Kompetenzen ausgerichtete Grundvergütung, leistungsorientierte, kurz- und langfristige monetäre Anreize sowie positionsspezifische Nebenleistungen und nichtmonetäre Anreize (siehe Abb. 2). Eine klare und realistische Vergütungsstrategie rundet diese ab und dient als wichtiges Steuerelement, um das gewünschte Verhalten der Mitarbeitenden und Führungskräfte zu fördern.

Gleichstellung spielt bei der Vergütung der Mitarbeitenden eine grosse Rolle. Am besten wird dies durch das Prinzip der Funktionslöhne erreicht, also mit einer von der Funktion abhängigen und somit diskriminierungsfreien Vergütung. Diese ist für die Mitarbeitenden nachvollziehbar und schafft somit die gewünschte Transparenz.

Ein weiterer Aspekt, der zurzeit vor allem kleine und mittelgrosse Unternehmen beschäftigt, ist die Konzeption und Anwendung einer kurzfristigen variablen Vergütung. Nach diversen politischen Debatten und grosser Uneinigkeit herrscht teils eine grosse Unsicherheit hinsichtlich derer Einführung. Entgegen vieler Annahmen können auch angemessene Bonuszahlungen bei korrektem Einsatz kontrolliert erfolgen und sich leistungsfördernd auswirken. Noch viel zu wenig werden Teamleistung und nichtmonetäre Anreize, wie z.B. Mitarbeiterpartizipation und Arbeitszeitgestaltung, berücksichtigt.

Die Vergütung der Geschäftsleitung

Der starke Wettbewerb um fähige Manager ist in den letzten Jahren auch in national tätigen Unternehmen stetig gewachsen. Es folgte oftmals eine leichtfertige Orientierung an globalen Vergütungspraktiken, welche ohne sorgfältige Überprüfung übernommen wurden. Entsprechend wurden Vergütungskomponenten eingeführt, über deren Funktionsweisen und Auswirkungen noch viel zu wenig bekannt war.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen haben sich auch die Grundsaläre der Geschäftsleitung nach oben entwickelt. Diese jährlichen Gehaltserhöhungen waren deutlich stärker als die vergleichbare Zunahme bei den Mitarbeitenden, was auch zusätzliche Kosten für Pensionskassenbeiträge verursacht hat.

Im Vergleich zu global tätigen Unternehmen fällt die variable Vergütung der Geschäftsleitung aber relativ moderat aus. Es zeigt sich hingegen, dass oft ein konkreter Massstab für eine angemessene Bonushöhe und auch ein ausgereifter Beurteilungsprozess fehlen. Leider verfügen nur wenige Unternehmen über ein einheitliches System sowie einen relativen Leistungsvergleich für eine angemessene Leistungsmessung und -beurteilung.