Der Unternehmer ist der Steuermann der Steuern

Vielfach wird die Verantwortung für den Bereich Steuern dem Buchhalter, Controller oder Finanzchef übertragen. Dieser bestimmt dann aufgrund des operativen Geschäftes, welchen Themen und wie besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden soll (z.B. Mehrwertsteuern usw.). Oft bestimmt dieser auch, mit welchem Treuhänder oder Steuerberater zusammengearbeitet wird; dieser schliesslich gibt oft auch die «Gangart» mit den Steuerbehörden vor.

Klarheit schaffen

Viel zu wenig wird im Bereich Steuern unterschieden zwischen der normativen, der strategischen und der operativen Ebene der Tax Governance und wer für diese Ebenen zuständig sein soll. Nach Auffassung des Autors sind die normative und die strategische Ebene klar Chefsache, während die operative Ebene den in der Unternehmung tätigen operativen Chargen überlassen werden kann.

Normative Tax Governance

Auf der normativen Ebene der Tax Governance (normative Governance) entscheidet sich zum Beispiel – bewusst oder unbewusst –, welche Haltung die Unternehmung gegenüber den Steuerbehörden einnimmt. In materieller Hinsicht fragt sich zum Beispiel, ob man sich zur Steuerehrlichkeit bekennt oder – am anderen Ende der Steuerehrlichkeit – bereit zu Steuerhinterziehung oder gar -betrug ist. In formeller Hinsicht ist zu entscheiden, wie man sich gegenüber der Steuerbehörde verhält (z. B. aggressiv, moderat oder passiv).

Strategische Tax Governance

Auf der strategischen Ebene der Tax Governance (strategische Tax Governance) fragt sich, ob eine Steuerminimierung oder -optimierung angestrebt wird und ob eine solche lang-, mittel- oder kurzfristig gesucht wird. Eine kurzfristige Steuerminimierung kann sich langfristig kontraproduktiv auswirken, sodass dann eine (ungewollte) «Steuermaximierung» resultiert. In seiner langjährigen Steuerberatertätigkeit hat der Autor schon oft zu einer kurz- und mittelfristigen Steueroptimierung geraten, um langfristig eine Steuerminimierung zu erreichen. Solche Resultate sind dann umso besser zu erreichen, wenn neben einer seriösen fachlichen Abschlussberatung ein gutes Verhältnis zum Fiskus besteht, also hängige Fragen ohne gegenseitige (Vor)-Verurteilung mit der Steuerbehörde offen und pragmatisch besprochen werden können.

Operative Tax Governance

Die meisten Unternehmen und auch ihre Beteiligten (Einzelunternehmer, Personengesellschafter und Aktionäre/Genossenschafter) bewegen sich vornehmlich auf der operativen Ebene der Tax Governance (operative Tax Governance) wie zum Beispiel der Abschlussplanung unter steuerlichen Gesichtspunkten, steuerliche Beurteilung einzelner Transaktionen und die Prüfung der Auswirkungen solcher Transaktionen auf die Beteiligten usw.

Hinsichtlich der Haftung einzelner Organe verdient unter dem Gesichtspunkt der Tax Governance die Frage der Haftung der Verwaltungsräte für Steuern der Kapitalgesellschaft spezielle Aufmerksamkeit; diese Haftung greift dann, wenn die Gesellschaft die von ihr geschuldeten Steuern aus Liquiditätsgründen nicht mehr zahlen kann. Wichtig ist hier, zu erkennen, dass der Fiskus – vielleicht gegenüber der früheren Praxis – heute auch in Härtefällen kaum mehr gewillt ist, auf ihren eingeschätzten Anspruch (z.B. auf Verrechnungs- oder Mehrwertsteuern oder Sozialabgaben) gegenüber dem solidarisch haftenden Verwaltungsrat zu verzichten. Verwaltungsräte sind somit gut beraten, proaktiv entsprechende Vorkehren zu treffen (z.B. bezüglich Sicherstellung der Liquidität), um im negativen Fall gegenüber Forderungen des Fiskus gerüstet zu sein.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend kann Folgendes festgestellt werden:

1. Tax Governance ist ein eigenständiger Bereich, der eine normative (ethische), strategische (lang- und mittelfristige) und eine operative (kurzfristige) Ebene hat; diese Ebenen sollten bezüglich des Handelns kongruent sein. Dabei hat die normative Ebene, also der Eigentümer oder Verwaltungsrat, die Leitlinien vorzugeben, wie die Tax Governance auszugestalten ist. Aus der normativen Ebene leitet sich die strategische Ebene und von dieser das Handeln auf der operativen Ebene ab.
2. Die Tax Governance ist einzubetten in die gesamte Governance des Unternehmens und ist mit dieser vorteilhafterweise (insbesondere im normativen und strategischen Bereich) abzustimmen.
3. Schliesslich sollten sich insbesondere die Entscheidungsträger der normativen und strategischen Ebene der Unternehmung bewusst sein, dass Steuern zwar ein wichtiger, wenn immer möglich klein zu haltender Kostenfaktor sind, dass es jedoch nie so weit kommen sollte, dass «Steuern Unternehmen steuern».